Wer heute in der Schweiz im Fall eines Hirntods seine Organe spenden will, muss dafür explizit seine Einwilligung geben und sich bei der Stiftung Swisstransplant registrieren. Eigentlich wäre dies schnell erledigt. Trotzdem ist die Anzahl Organspender in der Schweiz ernüchternd niedrig, wie eine neue Erhebung von Swisstransplant zeigt: Für 1502 Patienten, die auf eine Organspende warten, dürfen nur von 105 Verstorbenen tatsächlich Organe entnommen werden.
Eine neue Volksinitiative will diesem Umstand nun ein Ende setzten. Der Vorschlag: Jeder Schweizer Bürger ist automatisch ein potenzieller Organspender. Wer das nicht will, muss dies explizit angeben. Die am Dienstag lancierte Initiative wird von Swisstransplant unterstützt (BLICK berichtete).
«Wer gesunde Organe hat, soll spenden»
Ethiker meldeten Bedenken an – doch auf der Strasse findet die Idee breite Zustimmung. «Ein guter Ansatz», sagt Krankenschwester Deuzi Spiegel (42). Sie weiss, dass sich viele Leute gar nicht richtig über das Thema informieren und deshalb keine potenziellen Spender werden. «Wenn automatisch jeder einer wäre, müsste man sich mehr mit dem Thema auseinandersetzen.»
Für Putzmann Javier Garcia ist eine Organspende selbstverständlich: «Wer gesunde Organe hat, sollte diese auch spenden. Schliesslich braucht man sie nach dem Tod selber nicht mehr.» Aussagen wie diese findet der Medizinstudent Joël Perrin (21) heikel: «Jeder soll individuell entscheiden können, ob er seine Organe entnehmen lassen will. Medizinisch gesehen braucht ein Patient sie im Fall eines Hirntods nicht mehr – doch für viele ist das nicht nachvollziehbar, da die Organe nach dem Hirntod eigentlich noch funktionieren», so Perrin.
«Organentnahme ist nicht selbstverständlich»
Momentan ist die Standardannahme in der Schweiz, dass ein Patient kein Spender ist, ausser, er gibt seine Einwilligung. Die Initiative würde den Spiess umdrehen. «Ich fände es falsch, wenn man automatisch davon ausgehen würde, dass jeder Patient ein Spender ist. Eine Organentnahme ist nichts Selbstverständliches», sagt Stefan Hartmann (65).
Schon im Jahr 2013 wurde ein entsprechender Vorstoss im Parlament von National- und Ständerat abgelehnt. Auch damals sorgte er für reichlich Zündstoff. Die aktuelle Volksinitiative kurbelt die Debatte nun wieder an. «Das ist auch gut so, die Menschen müssen sich mit diesem Thema auseinandersetzen», meint Hartmann.