«Ja, ich bin gläubig»
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Viola Amherd im BLICK-Talk:«Ja, ich bin gläubig»

CVP-Bundesratskandidatin Viola Amherd (56) im BLICK-Live-Talk
«Ich habe mich schon immer gerne eingemischt»

Bundesratskandidatin Viola Amherd (56) über den Willen, etwas zu bewirken, ihre Freiheitsliebe, und was sie anders machen würde als Doris Leuthard.
Publiziert: 01.12.2018 um 02:39 Uhr
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Aktualisiert: 05.12.2018 um 08:19 Uhr
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Passionierte Bergsteigerin: Viola Amherd am frühen Morgen vor dem Matterhorn.
Foto: Keystone
Christian Dorer und Nicolas Menzato

CVP-Bundesratskandidatin Viola Amherd (56) stellte sich gestern im Live-Talk den Fragen von Blick-Gruppe-Chefredaktor Christian Dorer und den BLICK-Lesern. Am Wochenende will sich die Nationalrätin im Wallis nochmals richtig erholen, bevor es dann am Mittwoch zum grossen Showdown kommt.

BLICK: Frau Amherd, was reizt Sie am Bundesratsamt?
Viola Amherd: Die Zukunft des Landes mitzugestalten und eigene Ideen einzubringen. Ich habe mich schon immer gerne eingemischt – und in der Funktion als Bundesrätin wäre dies eine Riesenchance.

Sie kämpfen seit langem für mehr Frauen in der Politik. Braucht es eine Regelung, die eine Mindestzahl an Frauen in der Regierung festschreibt?
Die Bevölkerung soll im Bundesrat abgebildet sein. Deshalb müssen drei oder vier Bundesräte weiblich sein.

Viele haben CVP-Präsident Gerhard Pfister ermuntert, zu kandidieren. Sind Sie froh, dass er verzichtet hat?
Nein, ich bin nicht froh. Das war sein eigener Entscheid. Für die CVP ist es aber wichtig, dass im Präsidium ein Jahr vor den Wahlen Kontinuität herrscht. Deshalb erachte ich seinen Entscheid als richtig.

Politiker monieren, die CVP habe nicht die besten Kandidaten für die Bundesratswahl aufgestellt. Verletzen Sie solche Aussagen?
Nein. Diese Diskussionen kann man führen. Ich bin der Meinung, ich habe meine Arbeit bislang gut gemacht und erfülle die Voraussetzungen für das Bundesratsamt. So wie andere auch.

Sie haben Glück, dass Ihre Konkurrentin Heidi Z’graggen Regierungsrätin ist – und solche haben es schwer im Bundesratsrennen.
Es werden immer wieder Bundesräte von aussen gewählt. Heidi Z’graggen ist eine gute Kandidatin mit Regierungserfahrung und eine ernsthafte Konkurrentin. Das Rennen ist offen.

Z’graggen hat an einem Podium eine Person aus dem Publikum als «Depp» betitelt, wie man in einem Video hört. Sie bestreitet dies. Sie sassen direkt nebenan. Klären Sie auf!
Ich habe diese Aussage während des Podiums nicht gehört. Habe dann das Video nochmals angeschaut und das Wort auch gehört.

Sie verordnen sich genau in der Mitte. Wie kommt es, dass die linken Parteien wohl Sie wählen werden und die SVP mehrheitlich auf Heid Z’graggen setzt?
Ich bin nicht links, ich werde da in ein Schema gepresst. Mit diesem linken Etikett, das mir anzukleben versucht wird, habe ich zehn Stimmen in der SVP-Fraktion gemacht. Ich habe mit weniger gerechnet.

BLICK-Leser Jan P.: Wie unterscheiden Sie sich von Doris Leuthard?
Wir haben als CVP-Politikerinnen sehr ähnliche Einstellungen. Ich habe aufgrund meiner Herkunft womöglich eine etwas stärkere Sensibilität für Randgebiete.

Welche Fehler versuchen Sie bei den Hearings zu vermeiden?
Ich gebe mich so, wie ich bin. Ich könnte mich in einem Hearing nie verbiegen. Auch wenn einer Fraktion meine Position nicht gefällt – ich vertrete diese trotzdem. Alles andere wäre eine Anbiederung, und damit könnte ich nicht leben.

Kommen wir zu konkreten politischen Themen: Unter welchen Voraussetzungen soll die Schweiz dem EU-Rahmenabkommen zustimmen?
Für die Wirtschaft ist es wichtig, dass wir den bilateralen Weg weiterführen. Dazu gehört das Rahmenabkommen. Aber bei gewissen Punkten dürfen wir nicht nachgeben. Der Lohnschutz darf nicht aufgeweicht werden.

Gibt es gar keinen Spielraum?
Bei der Substanz nicht, bei der technischen Umsetzung aber schon, etwa bei der Meldefrist. Auch die Unionsbürgerschaft dürfen wir nicht eins zu eins übernehmen.

BLICK-Leser Chris W.: Anerkennen Sie, dass die Zuwanderung auch Probleme verursacht?
Das streite ich nicht ab. Man muss unterscheiden: Das Gesundheitswesen oder etwa der Tourismus sind angewiesen auf Fachkräfte. Auf der anderen Seite ist der Asylbereich. Wer Anrecht auf Asyl hat, muss bleiben dürfen. Alle anderen müssen das Land verlassen.

Die Netto-Zuwanderung im letzten Jahr betrug noch 50'000.
Wir brauchen die Fachkräfte, da besteht noch immer ein Mangel. Die tiefe Arbeitslosenquote zeigt das auch. Die heutigen Zuwanderungszahlen sind in Ordnung.

BLICK-Leserin Nadine S.: Wie stehen Sie zum Migrationspakt?
Ich habe diesen noch nicht im Detail gelesen und möchte mich deshalb inhaltlich noch nicht positionieren. Hinter einem Paragrafen, der vorschreibt, was die Medien machen sollen, kann ich aber sicher nicht stehen. Die Schweiz kann aber auch Vorbehalte anbringen. Deshalb muss man den Pakt genau anschauen. Richtig finde ich deshalb, dass das Parlament darüber befinden kann.

BLICK-Leserin Noemi N.: Sind Sie für ein Burkaverbot?
Ein Burkaverbot gehört nicht in die Verfassung, wie es eine Volksinitiative verlangt. Mit der Vollverschleierung habe ich aber grosse Mühe. Ich finde, die Frage gehört in die Kompetenz der Kantone. Aber auch ein Bundesgesetz, das die Vollverschleierung verbietet, würde ich unterstützen.

Kommen wir noch zur Person Viola Amherd. Sie sagen, Sie seien überzeugter Single. Woher kommt dieser Freiheitsdrang?
Aus der Kindheit. Meine Mutter hat mir immer gesagt, ich solle etwas lernen, um auf eigenen Beinen zu stehen und von niemandem abgängig zu sein. Das ist die Grundlage meiner Freiheitsliebe.

Die Landesmutter

Die Walliserin Viola Amherd (56) ist ein stilles Wasser – öffentlich nicht sehr präsent, aber im Parlament, dem sie seit 13 Jahren angehört, über die Parteigrenzen hinweg geachtet. Als Vizefraktionschefin führt die Juristin aus Brig die CVPler im Nationalrat – und eigentlich die ganze Fraktion. Damit eignet sich die passionierte Bergsteigerin gut als Landesmutter. Exekutiverfahrung hat sie als ehemalige Stadtpräsidentin von Brig-Glis VS, wo sie – unverheiratet und «frei» – lebt. 

Die Walliserin Viola Amherd (56) ist ein stilles Wasser – öffentlich nicht sehr präsent, aber im Parlament, dem sie seit 13 Jahren angehört, über die Parteigrenzen hinweg geachtet. Als Vizefraktionschefin führt die Juristin aus Brig die CVPler im Nationalrat – und eigentlich die ganze Fraktion. Damit eignet sich die passionierte Bergsteigerin gut als Landesmutter. Exekutiverfahrung hat sie als ehemalige Stadtpräsidentin von Brig-Glis VS, wo sie – unverheiratet und «frei» – lebt. 

Leute in Toppositionen betonen, wie wichtig der Partner sei. Weil er oder sie Halt gibt. Wo holen Sie sich Halt, wenn es mal nicht so läuft?
Wichtig sind Bezugspersonen, denen man vertraut. Und die nicht nur da sind, wenn es etwas zu feiern gibt. Das habe ich mit meiner engsten Familie und einem kleinen, aber sehr guten Freundeskreis. Auch mit einer sehr gedrängten Agenda ist es wichtig, ab und zu herunterzufahren und mit den engsten Personen zusammen zu sein. Ich möchte nicht riskieren, meinen Freundeskreis zu verlieren.

BLICK-Leserin Vreni G.: Was wollten Sie als Kind werden?
Geschichte hat mich stark fasziniert. Mein Traumberuf war Archäologin. 

BLICK-Leserin Cornelia K.: Könnten Sie sich im Bundesrat durchsetzen?
Der Bundesrat ist ein Kollegialgremium, indem man diskutiert. Ich würde versuchen, meine Argumente durchzubringen. Selbstverständlich würde ich auch bei Geschäften von anderen Departementen mitreden.

BLICK-Leserin Sarah F.: Sind Sie eigentlich gläubig? 
Ich bin Mitglied der römisch-katholischen Kirche. Ich gehe regelmässig in die Kirche – wenn auch nicht jeden Sonntag.

Fürchten Sie sich vor dem öffentlichen Rummel als womöglich baldige Bundesrätin?
Das ist ein Punkt, den ich mir sehr genau überlegt habe. Aber schon heute werde ich im Wallis und in Bern oft angesprochen. In der Schweiz sind wir in der glücklichen Situation, dass die Leute sehr positiv und diskret auf einen zu kommen.

Wenn die CVP bei den Wahlen ein sehr schlechtes Resultat einfährt, könnten Sie nach nur einem Jahr bereits wieder abgewählt werden!
Das bleibt abzuwarten. Ich gehe aber davon aus, dass die CVP nicht so schlecht abschneidet. Sie ist die ausgleichende Kraft im Parteigefüge.

Was ist Ihr Plan B, wenn Sie nicht gewählt werden?
Ende Legislatur würde ich mich wegen der Amtszeitbeschränkung der CVP Oberwallis aus der Bundespolitik zurückziehen. Ich habe verschiedene Mandate, die ich weiterführen möchte. Ich bin offen für neue Möglichkeiten.

Am Montag, 12 Uhr, findet der letzte BLICK-Live-Talk mit CVP-Bundesratskandidatin Heidi Z'graggen statt.

 

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