Als Ignazio Cassis (56) noch FDP-Nationalrat war, zählte er zu den kommunikativsten Parlamentariern überhaupt. So twitterte der Tessiner dreisprachig und nicht immer Wichtiges. Und nach der Wahl in den Bundesrat teilte er einen Screenshot seines Handy-Displays mit seinen Followern.
Nachlesen kann man einen Teil der Tweets noch auf der Website Politwoops.de. Dort werden Social-Media-Beiträge archiviert, von denen hochrangige Politiker nichts mehr wissen wollen.
Die Löschaktion überlebte nur Harmloses
Einer von ihnen ist der neue Schweizer Aussenminister. Denn wie der «Tages-Anzeiger» berichtet, liess Cassis irgendwann nach dem 17. Dezember rund 580 Kurznachrichten löschen. Lediglich 43 sind auf seinem neuen, bundesrätlichen Twitter-Account noch zu lesen.
Lauter harmlose Wortmeldungen zur italienischen Landessprache und zum Tessin. Alles andere musste weg – via!
Cassis' Medienstelle begründet das Löschen der Tweets mit der neuen Funktion des Tessiners. Die gelöschten Kurzmitteilungen seien vor seinem Amtsantritt entstanden und hätten «nichts mit seiner jetzigen Funktion zu tun».
Eine Aktion, die erst recht kritische Blicke anzieht
Cassis wollte also einmal mehr nichts anbrennen lassen. So wie er schon als Bundesratskandidat seine italienische Staatsbürgerschaft an den Nagel hängte und nach Kritik seine erst nigelnageneue Mitgliedschaft bei der Waffenlobby Pro Tell aufkündigte, säubert er nun erneut seine Weste. Es soll ja nichts hängenbleiben am Teflon-Image, das Cassis sich verpassen will. Alles soll an ihm abprallen.
Der Schuss kann aber auch nach hinten losgehen. So findet der Politik-Berater Mark Balsiger (51) im «Tages-Anzeiger», die Löschaktion mache «hellhörig», zumal man die Tweets ja mit einer Software problemlos wieder ausgraben könne. (awi)