Pierre Maudet schwitzt in der Mitte. Breitbeinig sitzt er bei der Basler Ausgabe der Roadshow, die die FDP mit ihren drei Bundesratskandidaten veranstaltet, zwischen Kronfavorit Ignazio Cassis (56) und Isabelle Moret (46), der einzigen Frau im Rennen.
Vor dem Basler Freisinn lässt er wie schon am Montag in Zug keine Gelegenheit aus, auf seine Erfolge im Genfer Regierungsrat hinzuweisen. Auf seine Ausschaffungsquote beispielsweise (BLICK berichtete).
Und er fährt dem aktuellen Bundesrat an den Karren: Er habe schon vor sieben Jahren mehr Ressourcen für den Cyberwar gefordert, während die Landesregierung, bei der er einen eklatanten Führungsmangel ausmacht, erst jetzt erwacht sei. Gleiches Bild in der Europa-Politik: «Ich habe nie verstanden, wer im Bundesrat eigentlich verantwortlich für die Europa-Politik ist», sagt er selbstbewusst in den Saal.
Der Stallgeruch fehlt
Dem 39-Jährigen fehlt es nicht an Selbstbewusstsein – der Führungsanspruch ist für ihn selbstverständlich. Dabei gilt er immer noch als krasser Aussenseiter für die Bundesratswahl. Denn Maudet hat ein Manko: Ihm fehlt der Stallgeruch des Bundeshauses. Und bei den Parlamentariern – jenen 246, die am 20. September über den nächsten Magistraten befinden, ist es wie bei den Bauern: Was der Politiker nicht kennt, das wählt er nicht.
Maudet weiss das selbst nur zu gut: «Natürlich ist es schwierig, wenn man nicht so vernetzt ist.» Doch das Land brauche mehr Leute in der Regierung, die pragmatisch Lösungen suchen, statt sich in Grabenkämpfen zu verlieren, wie das im Parlament der Fall sei. «Die Bundespolitik ist zu stark von Ideologien geprägt», findet er. Da sei es höchste Zeit für einen wie ihn: einen Regierungsrat, der Tag für Tag an der Front entscheiden müsse.
Wenn aus dem Handelsregister eine Bühne wird
Der Jungspund spielt seine Trümpfe geschickt aus und sorgt mit forschen Auftritten und inhaltlichen Ansagen für Wind. Selbst aus dem trockensten Sachgeschäft macht er einen «Maudet-Moment». So bei der Präsentation eines neuen digitalen Handelsregisters.
Der Genfer Sicherheitsdirektor schaffte es gestern, die erstmalige Anwendung der Computertechnologie Blockchain in einer Schweizer Verwaltung auch gleich als Wahlempfehlung zu verkaufen. So zeigt sich Maudet als Visionär, der eine hippe und angesagte Technik im langweiligen Handelsregisteramt testet und so die konkrete Umsetzung der Digitalisierung zeigt. Bei einer Blockchain werden Informationen zeitgleich auf mehreren Rechnern abgespeichert, was die Verwundbarkeit gegen Hackerangriffe mindert.
Ein Blender ist er nicht
Man kann das zu forsch finden – und nicht wenige Parlamentarier werden das auch. Ein Blender ist Maudet aber nicht. In Genf attestieren ihm sogar politische Gegner, dass er sich durchsetzen kann. So revidierte er gegen den Widerstand von links und rechts erfolgreich das Polizeigesetz. Etwas, woran mehrere Vorgänger Maudets gescheitert waren. Doch er brachte eine Mehrheit der Genfer knapp hinter sich.
Gelingt es ihm, auch die FDP-Fraktion von seinen Macher-Qualitäten zu überzeugen, müssen sich Cassis und Moret trotz spätsommerlicher Hitze warm anziehen.