Dicke Post für die Grenzwächter: Geht es nach dem Bundesrat, sollen sie künftig länger arbeiten – erheblich länger. Ende Juni gab die Landesregierung ihre Absicht bekannt, das Rentenalter für Angehörige des Grenzwachtkorps von 60 auf 65 Jahre zu erhöhen.
Nun formieren sich die Angestellten zum Widerstand. An einer «Landsgemeinde» am 5. September in Olten SO wollen sie beraten, wie den Berner Plänen doch noch Einhalt geboten werden kann. «Der Unmut in der Belegschaft ist gross», sagt Roland Liebi (51), Präsident der Gewerkschaft des Zoll- und Grenzwachtpersonals Garanto. «Alle 1800 Grenzwächter sind eingeladen», führt Liebi aus. «Es geht darum, klar zu zeigen: So nicht!»
Grenzwächter sind sonst nicht für Aufmüpfigkeit bekannt
Ein solcher Protest kostet die auf Zurückhaltung verpflichteten Grenzwächter einige Überwindung. Sie seien ja nicht aufmüpfig, so Liebi. «Aber die Pläne der Landesregierung haben für uns einschneidende Konsequenzen.»
Viele seiner Kollegen könnten sich schlicht nicht vorstellen, noch mit 65 Jahren an der Grenze zu stehen. «Das hat seinen Grund. Diese Arbeit ist einfach zu anspruchsvoll», hält der Gewerkschafter fest.
Es sei auch eine Frage der Sicherheit: «Morgens um drei mit Blaulicht und hoher Geschwindigkeit ein Fahrzeug zu verfolgen, ist nicht unbedingt ein Job für 65-Jährige. Da kann es rasch gefährlich werden.» Es sei schliesslich unumstritten, dass die Motorik im höheren Alter nicht mehr die gleiche sei wie bei den Jüngeren.
Wechsel ins Büro ist oft keine Option
Er hält es für möglich, dass der Bundesrat entschieden habe, ohne die spezifische Situation der verschiedenen Dienste zu kennen. «Dann hat er jetzt noch die Möglichkeit, den Entscheid zu kippen», meint Liebi. Wenn nicht, müsse die Landesregierung aufzeigen, welche Angebote sie den Betroffenen mache und wie sich jüngere Kollegen auf die längere Laufbahn einstellen sollen.
Einen Wechsel von der Grenze ins Büro für die letzten Jahre der Laufbahn sei für die meisten nicht möglich. «Es ist nicht so, dass die Leute einfach in den rückwärtigen Raum versetzt werden können», sagt Liebi. «Das Grenzwachtkorps hat nach dem heutigen Stand nicht die Struktur, um alle Älteren in seiner Administration zu beschäftigen.»
Support von links ist den Grenzwächtern schon einmal sicher. Barbara Gysi (53), SP-Nationalrätin und Präsidentin des Personalverbandes des Bundes (PVB), will von späteren Pensionierungen beim Grenzwachtkorps nichts wissen. «Die Beanspruchung der Grenzwächter ist körperlich und psychisch sehr hoch und hat in den letzten Jahren zugenommen, auch aufgrund der Flüchtlingsproblematik», sagt die St. Gallerin. 24-Stunden-Schichten zehrten an der Gesundheit. Viele Grenzwächter litten unter Schlafstörungen und Gelenkproblemen.
Pensionsalter wurde bereits heraufgesetzt
«Es ist darum unverständlich, dass der Bundesrat ihre Arbeitsbedingungen erneut verschlechtert, denn das Pensionierungsalter wurde bereits heraufgesetzt.» Tatsächlich wurde für sie erst 2013 das Rentenalter von 58 auf 60 angehoben.
Der Personalverband hat bereits erste Gespräche mit dem Bundesrat geführt. Weitere sollen folgen Der PVB argumentiert, ein höheres Rentenalter bringe keine Einsparungen, sondern verursache ganz im Gegenteil sogar noch Mehrkosten.
«Es wird mehr Ausfälle wegen Krankheit geben, und es braucht Umschulungsmassnahmen, denn diese Leute werden nicht bis 65 in dieser Funktion bleiben können», betont Gysi. Einfach in andere Bereiche der Verwaltung könne man die Betroffenen nicht verschieben, so die Sozialdemokratin: «Schliesslich hat das Parlament einen Personalstopp beschlossen.»