Es war einmal ein Mädchen, das lernte mit acht Ballett und wollte so die Welt erobern. Yen Han (39) hat das geschafft. Heuer tanzte sie ihre 18. Saison am Opernhaus Zürich beim Ballett.
Aufgewachsen in Los Angeles, studierte Yen Han Ballett in Peking, tanzte in Frankreich und verliebte sich schliesslich in Zürich. Inzwischen ist Yen Han die älteste Tänzerin der Compagnie. Aber das merkt man ihr nicht an: Ihre Figur ist kindlich, fragil, und sie kichert wie ein junges Mädchen, wenn sie über ihre Söhne Julius (9) und Maximilian (2) spricht.
Heute tanzt Yen Han die Julia in der Derniere von Shakespeares «Romeo und Julia». «Eine meiner liebsten Rollen», so die Ballerina. «Das Stück hat alles, was zum Theater gehört: Liebe und Drama.»
Es ist die Rückkehr zu ihrer ersten Solistenrolle unter Heinz Spoerli (72) vor 16 Jahren. Die aktuelle Inszenierung stammt vom neuen Ballettdirektor Christian Spuck (43). Beide Inszenierungen, so unterschiedlich sie sind, verzaubern die Zuschauer. Und das Gefühl bleibt gleich: die Schmerzen der ersten Liebe, die Naivität.
Yen Han: «Heute habe ich mehr Erfahrung. Aber ich spüre die Rolle noch wie damals.» Denn: «Gefühle ändern sich mit dem Alter nicht – nur das Äusserliche. Meine Julia heute ist so jung wie die damals.»
Überhaupt, das Gefühl. Das ist das alles Entscheidende, um eine gute Tänzerin zu werden. Die Technik ist zwar Grundlage. «Aber das Gefühl, das man in den Tanz legt, macht den Unterschied.» Den Unterschied zum Rest der Ballett-Compagnie.
So wurde der Tanz in all den Jahren Teil von Yen Hans Persönlichkeit: Sie erzählt, dass sie schlicht glücklich sei, sobald sie tanze. Dass sie deshalb gerne Tag für Tag sieben Stunden im Ballettstudio trainiert. Ihr Körper ist mit 39 noch wie das Gefühl – unverändert. «Muskelkater hatte ich ewig nicht mehr.»
Müsste sie die Karriere heute beenden (etwa wegen einer Verletzung), würde die Welt nicht untergehen: «Ich habe eine sehr erfüllte Karriere.»