Die vielen Werbe-Engagements der neuen «Arena»-Co-Moderatorin Christa Rigozzi (34) sorgen SRF-intern für einen Riesenwirbel, wie BLICK gestern publik gemacht hat. Der Aufruhr ist so heftig, dass SRF-Direktor Ruedi Matter (63) die Causa Rigozzi mit einem Machtwort zur Chefsache erklärt hat.
Gestern Nachmittag liess er per Intranet alle seine Mitarbeiter wissen: «Niemand in diesem Haus muss mit allem einverstanden sein, was entschieden oder umgesetzt wird. Wir lassen verschiedene Meinungen zu, nicht nur in unseren Programmen, auch intern. Eine eigene Meinung zu haben und dafür einzustehen, sie beispielsweise in den eigenen Teams oder mit Vorgesetzten zu diskutieren, erfordert allerdings zuweilen etwas Mut», schrieb er. Und bestätigte damit: Beim SRF muss man offenbar mutig sein, wenn man eine eigene Meinung hat. Kein Wunder, sprachen TV-Mitarbeiter mit BLICK von gestern nur unter der Bedingung, dass sie anonym bleiben.
Schelte vom SRF-Direktor
Die SRF-Leute, welche die Öffentlichkeit auf den internen Riesen-Krach aufmerksam machten, werden von Matter direkt angegriffen. Er schreibt an seine Mitarbeiter: «Alles andere als mutig ist es, sich mit seiner Meinung anonym in einer Zeitung zitieren zu lassen. Im aktuellen Fall von heute ist es nichts anderes als verlogen: Die Sorge um das Ansehen, die Glaubwürdigkeit von SRF vorzugeben – und genau dieses Ansehen, diese Glaubwürdigkeit sehr bewusst und aktiv zu beschädigen. Ich bedaure und verurteile solche Aktionen.»
Doch genau um die Glaubwürdigkeit von SRF geht es. Denn Christa Rigozzi wurde als neue Polit-Co-Moderatorin verpflichtet, obschon sie mit ihrem Gesicht unter anderem für Schokolade, ein Möbelgeschäft und eine Kreditbank wirbt. Kann sie bei allen Themen unabhängig sein? Und ist es Aufgabe des Service-public-Senders, einer kommerziellen Markenbotschafterin zu noch mehr Bekanntheit zu verhelfen – und das sogar gegen Bezahlung? BLICK wollte Ruedi Matter unter anderem mit diesen Fragen konfrontieren. Doch nach seiner internen Schelte, hiess es, sei er nicht mehr erreichbar.
Dass Rigozzis Geldgeber von ihrem TV-Mandat profitieren wollen, dafür lieferte ihr Sponsor Cembra Money Bank gleich den Tatbeweis. Einen Tag nach der Bekanntgabe von Rigozzis neuem Job verschickte sie Massenmails – mit dem Angebot eines «Privatkredits exklusiv zu 7,95%». Versehen mit dem Gesicht von Christa Rigozzi. Auch SRF-Mitarbeiter erhielten das Mail, was bei manchen gar nicht gut ankam. Fragen zum Werbevertrag mit Rigozzi beantwortete die Bank nicht. Sie schweigt – wie auch ihre anderen fünf Hauptsponsoren, die BLICK angefragt hat.
Für Rigozzi gelten andere Regeln
Auch Christa Rigozzi selbst stand gestern für ein Gespräch nicht zur Verfügung. «Sie ist privat unterwegs», wurde ausgerichtet, «und ihr Manager ist im Ausland.» Das Eisen ist so heiss, dass niemand sich daran die Finger verbrennen will. Fernseh-Prominente durften oder wollten sich auf Anfrage nicht zu Rigozzis heiklem Engagement äussern. Einzig Marion Preuss (74), die von 1989 bis 1994 die «Tagesschau» moderierte, nahm Stellung zum Umstand, dass die Tessinerin Sponsoren und lukrative Werbeaufträge hat, dies aber den SRF-Angestellten untersagt ist. «Ich verstehe den Frust einiger TV-Kolleginnen und -Kollegen über eine – wenn es denn so stimmt – ziemliche Ungerechtigkeit, was die Erlaubnis von SRF für Nebenbeschäftigungen der Moderatorinnen und Moderatoren betrifft», sagt Preuss. «Aber über kurz oder lang wird sich herausstellen, was wichtiger ist: Können oder Kohle.»
Für die beliebte Tessinerin gelten tatsächlich andere Regeln, wie SRF mitteilt: «Christa Rigozzi ist bei SRF nicht fest angestellt, sondern wurde als Co-Moderatorin für die einzelnen Ausgaben von ‹Arena/Reporter› engagiert – im Jahr 2017 sind das drei Sendungen. Es ist also auch eine Frage der Verhältnismässigkeit, dass für Christa Rigozzi nicht die gleichen Regeln gelten können wie für jemanden, der bei SRF als Redaktor und Moderator in einem Vollpensum arbeitet. Trotzdem nimmt Christa Rigozzi für ihr Engagement bei ‹Arena/Reporter› bezüglich Werbung gewichtige Einschränkungen in Kauf. So können über längere Zeit auf SRF keine Werbespots mit Rigozzi geschaltet werden.» Wie BLICK weiss, handelt es sich um ein Werbeverbot von einem halben Jahr.
Damit geben sich die Gewerkschaften nicht zufrieden. Das Schweizer Syndikat Medienschaffender (SSM) veröffentlichte gestern Abend einen offenen Brief an SRF-Chefredaktor Tristan Brenn. «Die angekündigte Einschränkung der Werbung im Umfeld von ‹Arena/Reporter› reicht nicht, um die Glaubwürdigkeit von SRF zu garantieren», heisst es darin. Die Gewerkschaft fordert Brenn auf, «zur Verletzung der publizistischen Leitlinien und der Regeln zu Nebenbeschäftigungen» Stellung zu nehmen.
Der Fall um die Schokoladen-Botschafterin in der Polit-Arena ist noch lange nicht gegessen.