Rapper Gimma ist längst nicht mehr der Bad Boy, der er einmal war. Dealerei und Drogenexzesse gehören der Vergangenheit an. Er schreibt Texte (2015 erschien sein «semiautobiografisches» Buch «Hinter dera Maska isches dunkel», «Anekdota vuma Ex-Promi» heisst sein neues Hörbuch) und liebäugelt als langjähriges Mitglied der Freien Liste Chur mit der Politik. Den Mund lässt sich Gian-Marco Schmid also nicht verbieten, seine Form der Rebellion findet inzwischen höchstens auf gesünderem Niveau statt.
Dem neuen Album «Kartellmusig» liegt eine wirtschaftliche Schandtat zugrunde: der 2018 aufgedeckte Bündner Baukartell-Skandal, bei dem Millionen von Franken unterschlagen worden sein sollen. Gimma war persönlich von der Geschichte betroffen - irgendwie. Er lebe nun mal in dem Teil der Welt, in dem dies passiert sei, sagte er zu Keystone-SDA.
«Ausserdem waren diverse mir bekannte Personen an der Aufarbeitung der Ereignisse beteiligt.» Ihn habe die übergreifende Seite dieses Phänomens interessiert, die Tatsache, dass wir «alle Teil eines Kartells sind» - und so ist das Album weitgehend sozialkritisch.
«Kartellmusig» enthält aber nicht nur Songs wie «Pinocchio-Kartell», bei dem es um immer vollere Taschen und immer grauere Dörfer geht, oder das gesprochene Zwischenspiel «Uhuera fucking komisch". Es klingt auch persönlich. Was vor allem daran liegt, dass Gimma bereits seit längerem an dem Album gearbeitet hatte, als die Geschehnisse um das Baukartell seinen kreativen Prozess durchkreuzten.
Themen wie Hoffnung und Verzweiflung bilden den eigentlichen roten Faden - «Liachtblick», ein Song über das Licht am Horizont, «Aifach» über Liebe, Zweisamkeit, Halt oder «Irgendwia», das davon handelt, dass es immer irgendwie weiter geht, gehören zu den Kernstücken.
Dass die Veröffentlichung von «Kartellmusig» aus logistischen und produktionstechnischen Gründen, wie der Zytglogge Verlag mitteilte, gleich zweimal verschoben werden musste, nimmt Gimma locker. Er sei eine «eher stoische Person» und nicht so leicht aus der Ruhe zu bringen, sagte er. Diese Verspätung sei «nicht so schlimm".
(SDA)