Die Vegane Gesellschaft Schweiz beispielsweise feiert ihren achten Geburtstag und ihr tausendstes Vereinsmitglied mit einem Fest in Zürich. Das Unterhaltungsprogramm wird von der deutschen Stand-up-Comedienne Jacqueline Feldmann bestritten. Sie ist angeblich Veganerin geworden, weil sie wissen wollte, wie es ist, gehasst zu werden.
Das Phänomen kannte schon der Brite Donald Watson, der den Begriff «vegan» - aus den Anfangs- und Schlussbuchstaben von «vegetarian» - prägte und 1944 die Vegan Society als Konkurrenzverein zur weniger strengen Vegetarian Society gründete. Als er einmal gefragt wurde, was das Schwierigste an der veganen Lebensweise sei, antwortete er «der soziale Aspekt".
In der Tat gibt es fast so viele Witze über Veganer wie über Schotten. «Woran erkenne ich einen Veganer?» - «Keine Sorge, er wird es dir sofort erzählen". Oder: «Es gibt keine dicken Veganer. Es gibt nur pflanzliche Fette.»
Dabei haben Veganer - in der Schweiz je nach Statistik 1,5 bis 3 Prozent der Bevölkerung - gute Gründe. Der Verzicht auf jegliche tierischen Produkte, auch Leder und Wolle, verhindert Tierleid, senkt Treibhausgase angeblich um 18 Prozent, vermindert die Abholzung von Regenwäldern um geschätzte 12 Prozent und ist relativ gesund. Ausser für Schwangere, Babys und Betagte. Vor wenigen Wochen wurde in Australien ein Ehepaar verurteilt, weil es sein Kind vegan ernährte.
Die Argumente der Karnivoren sind etwas spärlicher als die der Veganer, denn sie sind nicht im Propagandamodus. Gegen Veganismus spricht vor allem, dass Vitamine wie B12 und Aminosäuren wie Omega 3 zwingend ergänzt werden müssen. Der Hauptbeweggrund der Fleischfresser aber ist: Vegane Ernährung schmeckt nicht, ein Seitan-Steak aus Weizenkleber, sagen sie, kann einem Wienerli nicht das Wurstwasser reichen.
Vegan oder nicht ist wohl oft eine persönliche Entscheidung, so wie schon für den Veganismus-Pionier Donald Watson. Er empfing den entscheidenden Anstoss als Kind auf dem Bauernhof seines Onkels. «Ich war umgeben von interessanten Tieren. Sie «gaben» alle etwas. Ein Pferd zog den Pflug, (...) die Kühe gaben Milch, die Schafe gaben Wolle, die Hennen gaben Eier (...). Ich konnte nie verstehen, was die Schweine hergaben, aber sie waren so freundliche Kreaturen - immer froh, mich zu sehen.»
Als der Bub anlässlich der Metzgete erfuhr, welche Gaben die Schweine den Menschen kredenzten, erhielt er den Schock seines Lebens und wurde zunächst Vegetarier. Nachdem er sich über Milchwirtschaft kundig gemacht hatte, über die Kälbchen, die dem Muttereuter entrissen werden, damit Menschen die Milch kriegen, fasste er 1924 den Neujahrsvorsatz, fürderhin vegan zu leben.
Bei seinem letzten grossen Interview war Watson 92. Die vegane Langzeiternährung habe bei ihm offenbar angeschlagen, meinte er damals stolz. Vegan allein wars freilich nicht: Watson rauchte und trank zeitlebens nie, obwohl Alkohol im Prinzip vegan ist. Wein und Champagner habe er einmal auf einer Hochzeit probiert. Es habe ihm nicht geschmeckt, «poor stuff".
Von Kindsbeinen an Veganer - sehr zum Entsetzen seiner Eltern - war auch Watsons berühmter Freund und Weggefährte von der Vegan Society, Arthur Ling. Er hatte sich mit sieben Jahren ein Trauma eingefangen, nachdem er beobachtet hatte, wie Fischer ihren Fang töteten.
1965 stellte Lings Betrieb «Plamil» als erster in grossem Stil Sojamilch her; die Firma existiert noch heute. Im Nachruf auf den Patron wurde Ling als kompromissloser Verfechter des Veganismus beschrieben. Er war wohl etwas fanatisch. Dennoch wurde er begeistert gepriesen: «Let's All Sing to Arthur Ling, The Plamil King!»
Wer sich für Veganismus entscheidet, ist in guter Gesellschaft. Der britische Autor Percy Bysshe Shelley (1792-1822) war Veganer, ebenso wie der ebenfalls frühverstorbene Sänger Robin Gibb. Ex-Präsident Bill Clinton ist Veganer, der Schauspieler James Cromwell ("Ein Schweinchen namens Babe") sowieso, «Golden Girl» Betty White (98), Regisseur James Cameron, Weltklasse-Leichtathlet Carl Lewis, Brad Pitt und viele seiner Berufskollegen und -kolleginnen ebenso wie der Ladenbesitzer Apu Nahasapeemapetilon aus den «Simpsons".
Jesus gehört nachweislich nicht dazu. In Lukas 22,15 freut er sich auf den Lammbraten zum Passahmahl, obwohl er weiss, dass es seine letzte Mahlzeit ist. Und das erste, was er nach der Auferstehung zu essen verlangt, ist gebratener Fisch (Lukas 24, 42).
(SDA)