Venezuela in der Krise
Ausreisesperre gegen Guaidó verhängt

Venezuelas Oberster Gerichtshof hat eine Ausreisesperre gegen den selbsternannten Übergangspräsidenten Juan Guaidó verhängt. Dieser rief derweil die EU zu Sanktionen gegen Staatschef Nicolás Maduro auf.
Publiziert: 30.01.2019 um 00:18 Uhr
|
Aktualisiert: 17.07.2019 um 19:20 Uhr
Foto: Fernando Llano

Es geht Schlag auf Schlag in Venezuela: Am Dienstag verhängte der oberste Gerichtshof des Landes eine Ausreisesperre gegen den selbsternannten Übergangspräsidenten Juan Guaidó. Wie Gerichtspräsident Maikel Moreno sagte, werde gegen Guaidó ermittelt, weil er widerrechtlich das Amt von Staatschef Nicolás Maduro an sich gerissen habe. Das Gericht folgte mit seinem Beschluss einem Antrag des venezolanische Generalstaatsanwalts Tarek William Saab.

Guaidó hatte sich zuvor unbeeindruckt gezeigt. Das Vorgehen des Generalstaatsanwalts reihe sich ein in die Drohgebärden gegen ihn und das Parlament, das von der Opposition dominiert wird, sagte der 35-Jährige.

In Venezuela tobt ein Machtkampf zwischen Staatschef Nicolás Maduro und Guaidó, der sich am Mittwoch zum Übergangspräsidenten erklärt hatte. Die USA und mehrere andere Staaten erkannten Guaidó an. Russland und China unterstützen aber weiterhin Maduro.

Der Präsident kann sich bislang auch auf den Rückhalt der Armee und der Justiz verlassen. Generalstaatsanwalt Saab ist ein Anhänger Maduros und auch der Oberste Gerichtshof unterstützt die Regierung des Linksnationalisten.

Guaidó: «Wir sind hier in einer Diktatur und es muss Druck geben»

Guaidó rief derweil die EU zu Sanktionen gegen Staatschef Maduro auf. «Wir brauchen weitere Sanktionen aus der EU, so wie sie ja auch von den USA beschlossen wurden», sagte er der «Bild»-Zeitung. «Wir sind hier in einer Diktatur und es muss Druck geben. Es werden immer mehr Menschen ermordet. Ausserdem ist es eindeutig, dass das Regime absolut korrupt ist.»

Er setze darauf, dass Europa mit dem Ultimatum gegen Maduro ernst mache «und dann die Konsequenzen zieht», sagte der oppositionelle Parlamentspräsident weiter. Mehrere EU-Staaten, darunter Deutschland, haben Guaidó Unterstützung zugesagt und Maduro ein Ultimatum gestellt, innerhalb von acht Tagen Neuwahlen auszurufen. Andernfalls wollen auch sie Guaidó offiziell anerkennen.

Maduro hat die Frist zurückgewiesen. Zu Wochenbeginn verhängten die USA neue Sanktionen gegen Venezuelas staatlichen Ölkonzern PDVSA und dessen in den USA tätige Tochterfirma Citgo, um Druck auf den Sozialisten auszuüben.

Gegenüber der «Bild»-Zeitung zeichnete Guaidó ein düsteres Bild von der Lage in dem südamerikanischen Krisenstaat: «Es gab allein in den vergangenen Wochen 700 Menschen, die bei Protesten verhaftet wurden. In den Gefängnissen sind 300 politisch Gefangene», sagte der 35-Jährige. «Wir alle leben immer am Rande der Inhaftierung oder sogar der Ermordung.» (SDA)

USA und Venezuela: Beziehungen mit Beleidigungen, Sanktionen und Putschvorwürfen

Seit in Venezuela 1999 der Linksnationalist Hugo Chávez zum Präsidenten gewählt wurde, gestalten sich die Beziehungen zu den USA schwierig. Unter Chávez Nachfolger Nicolás Maduro wurde das Verhältnis zuletzt noch angespannter.

  • Washington unterstützt die Opposition und weigert sich, Maduros Wiederwahl als Staatschef im vergangenen Mai anzuerkennen. Maduro beschuldigt die USA, einen Staatsstreich gegen ihn angezettelt zu haben.
     
  • 2001 startet Chávez im Rahmen seiner «Bolivarischen Revolution» ein Programm zur Verstaatlichung von Betrieben. Die sogenannten Wiederaneignungen betreffen unter anderem den Ölsektor, das Agrobusiness, Banken und den Grosshandelsvertrieb. Auch US-Unternehmen wie ConocoPhilipps und Exxonmobil sind betroffen, sie gehen gerichtlich dagegen vor.
     
  • 2002 wehrt Caracas einen Putschversuch ab. Chávez bezichtigt den damaligen US-Präsidenten George W. Bush, den er «Teufel» nennt, seine Hände im Spiel gehabt zu haben.
     
  • Washington irritieren Chávez' Kontakte zum Irak und zu Libyen, seine Ablehnung des Neoliberalismus, seine Freundschaft mit dem kubanischen Präsidenten Fidel Castro und seine mutmasslichen - von ihm stets bestrittenen - Verbindungen zur kolumbianischen Guerilla. Chávez geisselt unterdessen den US-Imperialismus und droht ihm den «K.-o.-Schlag» an.
     
  • In seiner wöchentlichen Fernsehsendung «Aló Presidente» bezeichnet Chávez Bush als «Feigling», «Mörder», «an einem Völkermord Beteiligter» oder «Alkoholiker». US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld wiederum vergleicht 2006 Chávez mit Hitler.
     
  • Bush erklärt 2008, Chávez habe in seiner Kampagne gegen die USA den Erdölreichtum seines Landes «verplempert», seine Landsleute der Lebensmittelknappheit überlassen und gleichzeitig seinen Nachbarn gedroht.
     
  • Strafmassnahmen verhängen die USA 2006, indem sie den Verkauf von Waffen und Militärmaterial an Venezuela untersagen. Zur Begründung verweist Washington auf die mangelnde Zusammenarbeit Venezuelas beim Anti-Terrorkampf.
     
  • Seit 2010 haben beide Staaten keinen Botschafter in den jeweiligen Hauptstädten.
     
  • 2015 erlässt Washington Sanktionen gegen Mitglieder der venezolanischen Führung wegen «Menschenrechtsverletzungen». Venezuela versichert in einer in der «New York Times» geschalteten Anzeige, keine «Bedrohung» darzustellen und fordert US-Präsident Barack Obama auf, die Sanktionen zurückzunehmen.
     
  • Andere Strafmassnahmen der USA richten sich in den vergangenen Jahren gegen venezolanische Spitzenpolitiker. Dazu gehört auch der als «Diktator» bezeichnete Staatspräsident Maduro.
     
  • Caracas führt den Mangel an Lebensmitteln und Medikamenten im Land auf die Sanktionen zurück.
     
  • Im August 2017 spricht US-Präsident Donald Trump von einer «möglichen militärischen Option» in Venezuela und löst damit Empörung in Caracas und ganz Lateinamerika aus.
     
  • Am Dienstag wirft Maduro Washington vor, einen «faschistischen Staatsstreich» angeordnet zu haben und bezieht sich damit auf einen gescheiterten Aufstandsversuch von Soldaten in Caracas am Montag.
     
  • US-Vizepräsident Mike Pence solidarisiert sich mit der Demonstration der Regierungsgegner am Mittwoch. Am selben Tag anerkennt US-Präsident Trump den oppositionellen Parlamentspräsidenten Juan Guaidó als «Interimsstaatschef» an. Die von den USA dominierte Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) tut das Gleiche.

 

Seit in Venezuela 1999 der Linksnationalist Hugo Chávez zum Präsidenten gewählt wurde, gestalten sich die Beziehungen zu den USA schwierig. Unter Chávez Nachfolger Nicolás Maduro wurde das Verhältnis zuletzt noch angespannter.

  • Washington unterstützt die Opposition und weigert sich, Maduros Wiederwahl als Staatschef im vergangenen Mai anzuerkennen. Maduro beschuldigt die USA, einen Staatsstreich gegen ihn angezettelt zu haben.
     
  • 2001 startet Chávez im Rahmen seiner «Bolivarischen Revolution» ein Programm zur Verstaatlichung von Betrieben. Die sogenannten Wiederaneignungen betreffen unter anderem den Ölsektor, das Agrobusiness, Banken und den Grosshandelsvertrieb. Auch US-Unternehmen wie ConocoPhilipps und Exxonmobil sind betroffen, sie gehen gerichtlich dagegen vor.
     
  • 2002 wehrt Caracas einen Putschversuch ab. Chávez bezichtigt den damaligen US-Präsidenten George W. Bush, den er «Teufel» nennt, seine Hände im Spiel gehabt zu haben.
     
  • Washington irritieren Chávez' Kontakte zum Irak und zu Libyen, seine Ablehnung des Neoliberalismus, seine Freundschaft mit dem kubanischen Präsidenten Fidel Castro und seine mutmasslichen - von ihm stets bestrittenen - Verbindungen zur kolumbianischen Guerilla. Chávez geisselt unterdessen den US-Imperialismus und droht ihm den «K.-o.-Schlag» an.
     
  • In seiner wöchentlichen Fernsehsendung «Aló Presidente» bezeichnet Chávez Bush als «Feigling», «Mörder», «an einem Völkermord Beteiligter» oder «Alkoholiker». US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld wiederum vergleicht 2006 Chávez mit Hitler.
     
  • Bush erklärt 2008, Chávez habe in seiner Kampagne gegen die USA den Erdölreichtum seines Landes «verplempert», seine Landsleute der Lebensmittelknappheit überlassen und gleichzeitig seinen Nachbarn gedroht.
     
  • Strafmassnahmen verhängen die USA 2006, indem sie den Verkauf von Waffen und Militärmaterial an Venezuela untersagen. Zur Begründung verweist Washington auf die mangelnde Zusammenarbeit Venezuelas beim Anti-Terrorkampf.
     
  • Seit 2010 haben beide Staaten keinen Botschafter in den jeweiligen Hauptstädten.
     
  • 2015 erlässt Washington Sanktionen gegen Mitglieder der venezolanischen Führung wegen «Menschenrechtsverletzungen». Venezuela versichert in einer in der «New York Times» geschalteten Anzeige, keine «Bedrohung» darzustellen und fordert US-Präsident Barack Obama auf, die Sanktionen zurückzunehmen.
     
  • Andere Strafmassnahmen der USA richten sich in den vergangenen Jahren gegen venezolanische Spitzenpolitiker. Dazu gehört auch der als «Diktator» bezeichnete Staatspräsident Maduro.
     
  • Caracas führt den Mangel an Lebensmitteln und Medikamenten im Land auf die Sanktionen zurück.
     
  • Im August 2017 spricht US-Präsident Donald Trump von einer «möglichen militärischen Option» in Venezuela und löst damit Empörung in Caracas und ganz Lateinamerika aus.
     
  • Am Dienstag wirft Maduro Washington vor, einen «faschistischen Staatsstreich» angeordnet zu haben und bezieht sich damit auf einen gescheiterten Aufstandsversuch von Soldaten in Caracas am Montag.
     
  • US-Vizepräsident Mike Pence solidarisiert sich mit der Demonstration der Regierungsgegner am Mittwoch. Am selben Tag anerkennt US-Präsident Trump den oppositionellen Parlamentspräsidenten Juan Guaidó als «Interimsstaatschef» an. Die von den USA dominierte Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) tut das Gleiche.

 

Mehr
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?