150 Menschen kamen gestern beim Absturz der Germanwings-Maschine von Barcelona nach Düsseldorf ums Leben. Viele Fragen sind noch offen. Bekannt ist bisher nur: Acht Minuten dauerte der Sinkflug der Maschine von ihrer Reiseflughöhe auf 38'000 Fuss bis zum Absturzort auf 6800 Fuss (2100 Meter).
Vom Transponder gesendete Flugdaten zeigen jetzt, dass die Piloten in den letzten Sekunden vor dem Crash offenbar die Kontrolle über das Flugzeug zurückerlangten: Das Flugzeug geht in die Vertikale über und legt an Geschwindigkeit zu.
Dieser Umstand spricht für zwei Unfallthesen, die derzeit unter Flugunfall-Experten kursieren.
Eine ist die Vereisung der Sensoren. Diese liefern dem Flugcomputer Daten zur Berechnung des Flugwinkels und der Geschwindigkeit. Fallen diese aus, führt der Flugcomputer unsinnige Flugmanöver aus. Im November 2014 konnten Lufthansa-Piloten auf einem Flug von Bilbao nach München den Absturz nur verhindern, weil sie dem Bordcomputer den Stecker zogen.
Hatten die Germanwings-Piloten dasselbe Problem? Schafften Sie es zu spät, die Kontrolle über das Flugzeug wieder zu erlangen?
Gegen diese Theorie spricht, dass die Piloten während ihres achtminütigen Sinkflugs keinen Kontakt mit der Bodenkontrolle aufnahmen. «Das ist allein schon eine Frage der Sicherheit, wenn ich mit einer Maschine durch alle Flugebenen hindurch absinke», sagt der Schweizer Flugunfall-Experte Matthias Schmid (61) zu Blick.ch.
Waren die Piloten bewusstlos?
Für Schmid ist eher die These eines explosiven Druckabfalls etwa durch eine Beschädigung der Aussenhülle wahrscheinlich: «Innert Sekunden verliert man auf dieser Höhe das Bewusstsein.» Auch giftige Dämpfe im Cockpit könnten zur plötzlichen Bewusstlosigkeit der Piloten führen.
Vielleicht hätten die Piloten in diesen Sekunden einen Notabstieg eingeleitet, bevor sie das Bewusstsein verloren, sagt Schmid. Es wäre möglich, dass die Piloten Sekunden vor dem Aufprall wieder das Bewusstsein erlangten und die Maschine noch hochzogen.
Mit den bis jetzt vorhanden Daten sei eine seriöse Einschätzung des Unfallhergangs aber nicht möglich, sagt Schmid: Wichtig ist, dass jetzt die Flugschreiber gefunden und ausgewertet werden. «Einen plötzlichen Druckabfall in der Kabine würden diese aufzeichnen», sagt Schmid.
Auch einen Terroranschlag haben die Untersuchungsbehörden bisher nicht ausgeschlossen. Sie gingen heute die Passagierliste durch, um mögliche Verdächtige ausfindig zu machen. (pin)