Grusel-Heim in Linthal GL
In diesem Heim will man nicht alt werden

Grosse Sorgen bei Angehörigen von Senioren: Im Altersheim Haus zur Heimat in Linthal GL gibt es massive Pflegemängel. Sogar der Dorfarzt schickt keine Patienten mehr dorthin.
Publiziert: 18.01.2017 um 23:52 Uhr
|
Aktualisiert: 04.10.2018 um 19:08 Uhr
1/6
Dorfarzt Ernst Fasol ist besorgt: Er verweist keine Patienten mehr ins Alters- und Pflegeheim Haus zur Heimat in Linthal GL.
Foto: Anian Heierli
Anian Heierli

Dorfarzt Ernst Fasol (62) ist mit seinem Latein am Ende. Wöchentlich macht er Visite im Alters- und Pflegeheim Haus zur Heimat in Linthal GL. Ihm stechen dabei mangelnde Hygiene und liebloses Essen ins Auge. Weit schlimmer sei aber: «Die fehlende Kompetenz bei der medizinischen Pflege.» Der Einheimische spricht Klartext: «Es werden Fehler gemacht. Seit einigen Monaten verweise ich deshalb keine Patienten mehr ins Heim.» Seine Kollegen würden die Ansicht teilen.

Wunden falsch versorgt

Fakt ist: Es gab Fälle, in denen Wunden nicht wie verordnet versorgt wurden. «Wenn etwas passiert, trage ich die Verantwortung», sagt Fasol. Der Dorfarzt betont, «dass langjährige Mitarbeiter keine persönliche Schuld trifft». Für ihn mangelt es generell an Personal, was zu Problemen führt.

In den letzten vier Jahren wechselte die Heimleitung zwei Mal. «Seither stimmt die Kommunikation zwischen Vorgesetzten und Angestellten nicht», so Fasol. Das bestätigt auch eine Ex-Mitarbeiterin gegenüber BLICK: «Das Arbeitsklima war schlecht. Wir beschwerten uns mehrmals.» Und: «Es kam zu zahlreichen Kündigungen.»

«Qualität der Pflege nahm drastisch ab»

Wütend macht der Fall von Rosmarie Mohr (93). Bis vor kurzem bewohnte die demente Seniorin das Haus zur Heimat. Wegen mangelnder Pflege ging es ihr in den letzten Monaten immer schlechter. Früher war es anders. Ihre Tochter Rosmarie Förstler (65) brachte sie vor sechs Jahren in die Einrichtung. Deren Ruf war damals sehr gut. Doch mit der neuen Leitung spitzte sich die Situation zu. «Die Qualität der Pflege nahm drastisch ab», sagt die Tochter.

Die langjährige Spitex-Mitarbeiterin weiss, wovon sie spricht: «Die Körperpflege war mangelhaft, Kleider verschmutzt, und manchmal roch es sogar.» Sie stellte fest, dass ihre Mutter rasch an Gewicht verlor. Schuld daran sei die einseitige Ernährung. «Einmal servierte man sieben Tage nacheinander Kartoffelstock.» Seitdem bringt sie ihrer Mutter selbst gekochtes Mittagessen ins Heim.

Die Glarnerin wollte herausfinden, ob auch andere mit der Situation unzufrieden sind. Sie befragte 22 Personen – darunter Bewohner, Angehörige, Pflegepersonal und Ärzte. Tatsächlich war sie mit der Kritik nicht allein. Zusammen mit ihrem Mann Roland (69) organisierte sie im Dezember ein Treffen mit Heimleiter Hanspeter Wildi, der zuständigen Gemeinderätin Brigitte Weibel und Dorfarzt Ernst Fasol. Sachlich trägt man die Sorgen der Betroffenen vor. Doch die Situation bleibt prekär. Frau Förstler verlegt deshalb ihre Mutter Anfang Jahr in ein anderes Heim in Glarus Nord. «Es geht ihr dort viel besser. Sie wird perfekt gepflegt.»

Schliessung steht nicht zur Diskussion

BLICK konfrontiert Gemeinderätin Brigitte Weibel und Heimleiter Hanspeter Wildi mit den Vorwürfen. Man habe nichts von der ärztlichen Kritik gewusst. Dagegen wird eingeräumt, dass das Jahr 2016 für Bewohner und Personal schwierig war. Die Verantwortlichen halten fest: «Die Situation hat sich beruhigt.» Erste Rückmeldungen seien positiv. Aktuell will man die Qualität der Pflege mit Hilfe eines externen Gerontologen gewährleisten. Obwohl nur 40 der 49 Plätze belegt sind, steht eine Schliessung zurzeit nicht zur Diskussion.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?