Wenn es in einem Mehrfamilienhaus Ärger gibt, dreht es sich meist um den Waschplan. Im vorliegenden Fall kriegten sich nicht zwei Waschweiber in die Wolle, sondern gestandene Männer.
Tatort: Ein Mietshaus in Langnau am Albis ZH. An einem Samstagnachmittag im Juni 2015 hält sich IV-Rentner Michael X.* (36) in der Waschküche auf. Er ist laut Plan eingetragen. Als eine Nachbarin nachfragt, ob sie nach ihm die Waschmaschine benutzen darf, weist er sie schnöde ab. O-Ton: «Das ist mein Waschtag!»
Darauf klagt die Abgewiesene ihr Leid Nachbar Beat Y.* (46). Ein Spengler, der in der Waschküche nebenan wäscht. Bei ihm darf sie waschen. Darauf beginnen die beiden, sich über den sturen Michael auszulassen.
Auf einmal wird es heftig
Dieser bekommt mit, dass über ihn gelästert wird. Er geht rüber – ein Wort gibt das andere. Michael X. verteidigt heftigst den Waschplan, besteht auf Einhaltung. Als Widersacher Beat Y. einen Schritt auf ihn zugeht, zückt er unvermittelt einen Pfefferspray und nebelt den Spengler ein. «Ich habe beinahe keine Luft mehr bekommen», so Beat Y. gestern vor dem Zürcher Obergericht. «Ich schob ihn vorn mir weg, doch er sprayte immer weiter.»
Für beide Seiten war es Notwehr
Für Michael X. war es Notwehr: «Er hat mich zuvor angegriffen und geschlagen, danach die Treppe hinuntergestossen.» Das vermeintliche Opfer erlitt eine Rissquetschwunde an der Stirn und eine geschwollene Lippe.
Beide verlangten einen Freispruch. In erster Instanz hatte das Bezirksgericht Horgen 2016 den Pfeffersprayer wegen Tätlichkeit verurteilt. Aber: Auch der Spengler kam damals nicht ungeschoren davon. Die Richter waren überzeugt, dass er den Widersacher die Treppe hinuntergestossen hatte.
Das Obergericht kippte nun diesen Schuldspruch – dank der Aussagen der Nachbarin. Sie betonte, dass der IV-Rentner mit seinem Pfeffersprayeinsatz die Eskalation auslöste. Von Schlägen habe sie nichts gesehen. Auch der Treppensturz blieb unklar. Michael X. hingegen blieb für seine Waschplan-Verteidigung auf dem Schuldspruch sitzen. Dazu muss er 40 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten und Tausende Franken Gerichts-und Anwaltskosten zahlen.
Gerichtspräsident Rolf Naef konnte sich am Schluss des aussergewöhnlichen Gerichtsfalls einen Kommentar nicht verkneifen: «Schön, wie weit es die Emanzipation gebracht hat. Wir, alles Männer haben über diesen Waschküchenstreit urteilen müssen», meinte er. Und fügte an: «Zum Glück habe ich eine eigene Waschmaschine.»