Experte Tony Styger über das russische Suizid-«Spiel»
«Wer da mitmacht, spielt mit dem Tod»

Momentan kursiert im Internet das Suizidspiel «Blue Whale Challenge». Auch in der Schweiz soll es Mitspieler geben. Tony Styger, Leiter der Dargebotenen Hand Zürich, erklärt das Phänomen.
Publiziert: 17.05.2017 um 19:58 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2018 um 21:34 Uhr
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Tony Styger leitet die Dargebotene Hand Zürich.
Foto: zvg
Interview: Marijana Zeko

Nach der Teenie-Serie «13 Reasons Why» sorgt nun das Suizid-«Spiel» «Blue Whale Challenge» für Diskussionsstoff: Die Teilnehmer werden aufgefordert, sich zu verletzten – bis zum Suizid. Das Spiel stammt ursprünglich aus Russland, doch nun gibt es auch in der Schweiz Hinweise auf Betroffene: Beim Sorgentelefon 147 der Pro Juventute soll sich bereits ein involvierter Teenager gemeldet haben (BLICK berichtete).

Im Interview sagt Experte Tony Styger, Leiter der Dargebotenen Hand Zürich, was die aufflammende Suizid-Thematik bedeutet.

Tony Styger leitet die Dargebotene Hand Zürich. Er ist diplomierter Theologe mit psychologischer Ausbildung. Das Sorgentelefon 143 ist anonym, und rund um die Uhr für Beratungsgespräche da. Personen aller Kulturen und Religionen erhalten hier in Krisenzeiten Hilfe.
Foto: zvg

BLICK: Herr Styger, was halten Sie von der «Blue Whale Challenge»?
Tony Styger: Dieses «Spiel» verdient diesen Namen nicht. Ich bin einfach nur sprachlos und finde keine Worte, wie man dieses Vorgehen sonst benennen kann. Vielleicht ist hier der Begriff «pervers» am ehesten angebracht.

Die Netflix-Serie «13 Reasons Why», nun das Spiel «Blue Whale Challenge»: Kann man von einem Trend zum Thema Suizid sprechen? 
Ich glaube nicht, dass man jetzt gleich von einer Trendwende beim Thema Suizid sprechen kann. Sicher handelt es sich um eine Häufung, die hoffentlich auch wieder abflachen wird. In der Schweiz ist die Suizidrate seit 1980 rückläufig. So oder so ist aber jeder Suizid tragisch. 

Leitet so ein Spiel einen dazu an, sich umzubringen? 
Sicher ist: Wer dieses Spiel spielt, spielt mit dem Tod – und das mit voller Absicht. Somit kann man nur sagen: Hände weg! Es ist zu hoffen, dass man dieses Spiel stoppen und aus dem Verkehr ziehen kann. 

Oder kommt man erst durchs Spiel auf Suizid-Gedanken? 
Diese Frage kann man nicht abschliessend beantworten. Die Grenzen auszuloten – in welchem Bereich auch immer –, gehört zu unserem Menschsein. Es liegt in der Verantwortung des Einzelnen zu entscheiden, wie weit er gehen kann und will. Diese Challenge übersteigt bei weitem den gesunden Menschenverstand; deshalb müssen wir alles daran setzen, dass Menschen gar nicht in die Fänge solcher Machenschaften kommen. 

Was sind das für Personen, die sich zu dieser Challenge verleiten lassen?
Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein gesunder Mensch, der sozial eingebettet ist und verantwortungsvoll durchs Leben geht, sich von einem solch absurden Spiel angezogen fühlt.

Spielt auch Gruppendruck eine Rolle bei dieser Challenge? 
Da es sich offenbar mehrheitlich um Jugendliche handelt, kann ich mir vorstellen, dass Gruppendruck eine Rolle spielt. 

Jugendliche bringen sich in aller Welt um. Wieso wird die Öffentlichkeit gesucht?
Durch öffentlich durchgeführte Suizide wird oft versucht, einem politischen, moralischen oder ethischen Anliegen Gehör zu verschaffen und entsprechende öffentliche Aufmerksamkeit zu erregen. Ich glaube jedoch nicht, dass den Suiziden im Zusammenhang mit diesem Spiel solche Motive zugrunde liegen.

Was sind das für Personen, die andere in den Suizid treiben?
Es ist absolut unbegreiflich und total abscheulich, dass es Menschen gibt, die ein solches Spiel erfinden und in den Umlauf setzen. Das sind kranke Menschen, die hier ein ganz übles Spiel treiben. Hier tun sich Abgründe der dunkelsten Seite des Menschseins auf.

Hier findest du Hilfe

Diese Stellen sind rund um die Uhr für Menschen in suizidalen Krisen und für ihr Umfeld da:

Adressen für Menschen, die jemanden durch Suizid verloren haben

Diese Stellen sind rund um die Uhr für Menschen in suizidalen Krisen und für ihr Umfeld da:

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