Der Gast aus Deutschland beschwerte sich in einem Leserbrief in der Regionalpresse: Nach der Erhöhung der Tourismustaxe in Leukerbad VS auf sechs Franken, bezahle er jetzt für seine Familie 480 Franken Tourismustaxe. «Ihr braucht nicht eine höhere Tourismustaxe, ihr braucht wieder mehr Gäste», schrieb der Familienvater, der seit über 30 Jahren zu Gast in Leukerbad ist und sich nun überlegt, nochmals für die Ferien hierher zu reisen.
Taxen stiegen zum Teil ums Vierfache
Wie in Leukerbad, erhöhten viele Tourismusregionen in den letzten Monaten ihre Taxen. Meist sind es Orte, die mit sinkenden Gästezahlen kämpfen und nun neue Wege suchen, ihre Tourismusinfrastruktur zu finanzieren. Leukerbad, Saas-Fee VS, aber auch Gemeinden in Graubünden haben die Taxen erhöht. Auch für Zweitwohnungsbesitzer sind die Gebühren gestiegen – zum Teil um das Vierfache. Das provoziert Widerstand. Schweizweit sind in über 30 Tourismusorten Bürger gegen die höheren Taxen aktiv. Viele haben sich zu Interessengemeinschaften zusammengeschlossen, um dagegen zu kämpfen – oft bleibt ihnen der Rechtsweg als einziges Mittel.
So auch im Obergoms VS. Hier geniesst Bruno Imsand (66) aus Liestal die Vorzüge der Ferienregion. Vor ein paar Jahren hat er seine Wohnung im zweiten Stock des historischen Walliser Wohnhauses aus dem 18. Jahrhundert gekauft. «Hier wurde meine Grossmutter geboren.» Seitdem die Obergommer Gemeinden im letzten Jahr über die Köpfe der Ferienwohnungsbesitzer hinweg die Tourismustaxe vervierfachten, engagiert sich Imsand an seinem Ferienort politisch. «Wir wurden mit der Festlegung der neuen Taxen einfach übergangen», sagt er. Als Aktuar ist er in der Interessengemeinschaft (IG) der Zweitwohnungsbesitzer aktiv. Und die IG macht mächtig Druck: Zurzeit sind zwei Beschwerdeverfahren gegen die neuen Tourismustaxen hängig: einmal vor Bundesgericht und einmal in der jeweiligen Gemeinde. «Wir schöpfen alle unsere Rechtsmittel aus», so Imsand.
Feriendestinationen stecken in der Zwickmühle
Den Hotelgästen, die ebenfalls von der Erhöhung betroffen sind, bleibt oft einfach die Wahl einer günstigeren Destination als Widerstand gegen die Taxe. Denn in Orten, wo der Hotelgast bis zu sechs Franken pro Übernachtung zahlt (siehe Grafik), summiert sich die Tourismustaxe am Ende der Ferien auf ein paar Hundert Franken. Für viele Gäste ein Argument, ihre Ferien in der Schweiz zu stornieren.
Der Tourismusexperte Jürg Stettler (52) sieht die Zwickmühle, in der viele Destinationen stecken. «Die sinkenden Übernachtungszahlen zwingen die Regionen zu alternativen Finanzierungsmodellen für ihre Infrastruktur», so Stettler. Gleichzeitig führe die Einführung neuer Steuern und Abgaben dazu, dass sich das Angebot verteuert. «Die Einführung neuer oder die Anhebung bestehender Tourismustaxen ist deshalb heikel», erklärt Stettler. «Sie wird nur akzeptiert, wenn die Gegenleistung für den Gast stimmt.»
Zweitwohnungsbesitzer fühlen sich benachteiligt
Den Widerstand von Zweitwohnungsbesitzern versteht Stettler deshalb: «Modelle mit hohen Abgaben führen oft zu grossem Widerstand.» Schwierig werde es, wenn Zweitwohnungsbesitzer die Infrastruktur nicht im selben Ausmass in Anspruch nähmen, wie Hotelgäste. «Sie fühlen sich dann schnell benachteiligt und versuchen sich gegen die Abgaben zu wehren.» So wie Bruno Imsand mit der IG Zweitwohnungen im Obergoms.
Insgesamt rund 600'000 Franken will Obergoms-Tourismus mit der höheren Gebühr einnehmen. Laut deren Geschäftsführer Roberto Imoberdorf (41) fliessen die zusätzlichen Einnahmen ganz in die touristische Infrastruktur. «Der Gast bekommt auch etwas für sein Geld», versichert Imoberdorf. Dazu gehört auch die neu geschaffene Gästekarte. Doch dort sei nicht klar, was genau ihr Vorteil sei, entgegnet Taxen-Kritiker Bruno Imsand. Trotz Gerichtsverfahren im Obergoms: Zweitwohnungsbesitzer und Touristiker sprechen nach wie vor miteinander, gehen aufeinander zu, wie Imsand verrät: «In Zukunft soll ein IG-Mitglied Einsitz in den Verwaltungsrat der Tourismusorganisation nehmen.» Ob damit der Streit um die Taxe des Bösen beigelegt wird?