BLICKpunkt von Christian Dorer zur Bedeutung des Osterfests
Der Glaube und die Politik

Wenn Muslime die Religion über den Staat stellen, so ist dies inakzeptabel. Das macht aber auch in der Schweiz eine Frage aus längst vergangenen Zeiten wieder aktuell: Wie stark darf sich die Kirche in die Politik einmischen?
Publiziert: 30.03.2018 um 23:55 Uhr
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Aktualisiert: 21.01.2019 um 11:30 Uhr
Wird oft vergessen: Ostern ist der älteste und höchste Feiertag des Kirchenjahres.
Foto: imago/Markus Tischler
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Christian Dorer

Ostern bedeutet Glück – für Kinder das Eiersuchen, für Erwachsene die freien Tage. Dabei vergessen wir gern: Ostern ist der älteste und höchste Feiertag des Kirchenjahres. Am Gründonnerstag zelebrierte Jesus das Abendmahl, am Freitag starb er am Kreuz, am Sonntag – grösstes aller Wunder! – ist er von den Toten wiederauferstanden.

Das Christentum prägt unsere Kultur bis heute. Noch immer gehören zwei von drei Schweizern einer christlichen Kirche an. 37 Prozent sind Katholiken, 25 Prozent Reformierte. Trotz Mitgliederschwund.

Auch am Mittwochabend in Chur war von Kirchenmüdigkeit nichts zu spüren, der Rittersaal des bischöflichen Schlosses zum Bersten gefüllt. Das Bistum hatte ein Podiumsgespräch über «Religion und Politik» angekündigt. Auf dem Podium hochkarätige Gäste: FDP-Präsidentin Petra Gössi, CVP-Präsident Gerhard Pfister, SVP-Nationalrat Gregor Rutz, der Generalvikar des Bistums, Martin Grichting.

Pfister stellte fest, dass der Saal «vor 15 Jahren höchstens halb so voll» gewesen wäre. Er hat recht: Die Frage nach dem Verhältnis von Kirche und Staat ist durch die verstärkte Einwanderung wieder brandaktuell geworden. Heute sind fünf Prozent der Bewohner unseres Landes Muslime.

Vor allem die Radikalen unter ihnen stellen ihre Religion über den Staat. Im Schweizer Alltag äussert sich das dann so: Der muslimische Vater spricht nicht mit der Lehrerin. Der Schüler verweigert ihr den Handschlag. Die muslimische Schülerin darf nicht zum Schwimmunterricht. Da liegt die Befürchtung nahe, dass Frauen und Mädchen im Verborgenen noch viel stärker unterdrückt werden.

Dabei sollte selbstverständlich sein: Glaube ist Privatsache. Unser Staat steht über der Religion. Und Schweizer Recht gilt in der Schweiz für alle. Die Religion hat sich nicht einzumischen – weder in das Recht noch in die Politik.

Bloss: Was wir beim Islam nicht tolerieren, macht die katholische Kirche immer wieder – aktive Tagespolitik! Sie kämpfte gegen 24-Stunden-Shops, gegen die Unternehmenssteuerreform III, gegen die Durchsetzungsinitiative. Sie glaubt zu wissen, welche Lebensform richtig ist und welche falsch. Der damalige Weihbischof von Chur behauptete einst sogar, ein guter Christ dürfe nicht SVP wählen.

Ist ein schlechter Christ, wer rund um die Uhr einkaufen, Unternehmen entlasten, in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft leben oder kriminelle Ausländer ausschaffen will?

Natürlich nicht! Der Rechtsstaat ist das eine, der Glaube das andere.

Im Glauben kann die Kirche den Menschen Halt geben, sie durch schwierige Lebensphasen begleiten, wertvolle Gemeindearbeit leisten. Dafür aber muss sie für alle da sein – sie darf keine Auswahl nach persönlicher Lebensführung oder politischer Gesinnung treffen.

Und zwar auch deshalb nicht, weil wir dasselbe vom Islam sonst schlecht verlangen können.

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