Gopfried Stutz
Mit Cash gut schlafen; mit Aktien gut essen

Obligationenfonds haben im Unterschied zu einer Einzelanleihe kein Verfalldatum
Publiziert: 30.10.2017 um 00:01 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 12:51 Uhr
Claude Chatelain.
Foto: Paul Seewer
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Claude ChatelainKolumnist und Wirtschafts-Publizist

Mit Obligationen gut schlafen; mit Aktien gut essen.» So lautet eines der vielen Bonmotsvon Börsenaltmeister André Kostolany.

«Mit Aktien gut essen» – damit bin ich einverstanden. Aber mit Obligationen gut schlafen? Vergessen Sie es. Bei mir gilt: «Mit Cash gut schlafen; mit Aktien gut essen.»

Fangen wir von vorne an: Kostolany ist 1999 verstorben. Damals hatten wir ganzandere Verhältnisse. Dass man dereinst dafür zahlen muss, um Geld zu hinterlegen, schien undenkbar. Heute würde der ori­ginelle Sprücheklopfer ungarischer Herkunft ­seine Aussage kaum mehr unterschreiben.

Die von der Nationalbank errechnete Durchschnittsrendite für Bundesobligationen mit einer Laufzeit von zehn Jahren lag Ende 1999 bei 3,5 Prozent. Heute liegt sie bei 0,02 Prozent. Dieser Wert gilt als Massstab für das ­Zinsniveau.

Die auf Privatkredite spezialisierte Cembra Money Bank gab dieser Tage eine Obligation mit einer Laufzeit von sechseinhalb Jahren he­raus. Der Zins, im Jargon Coupon, beträgt 0,25 Prozent. Selbst mit diesem bescheidenen Ertrag geben sich die Investoren mehr als zufrieden, denn sie zahlen fürs Papier sogar einen Aufpreis, sodass die Rendite gerade mal auf 0,23 Prozent schrumpft.

Was passiert nun mit ­dieser Anleihe der Zürcher Cembra Money Bank, falls das Zinsniveau abrupt ansteigt? Klare Sache: Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis. Steigt das Zinsniveau, werden Anleihen mit einem höheren Coupon auf den Markt kommen und die Nachfrage nach Papieren mit einem tiefen Coupon verlieren an Attraktivität. Der Kurs laufenderObligationen sinkt.

Als Besitzer von Obliga­tionen kann es mir schnuppe sein, wenn der Kurs einer Obligation aufgrund des steigenden Zinsniveaus sinkt. Ich ­behalte das Papier bis zum Verfall und erhalte den Nennwert zurückbezahlt. Doch Banken empfehlen dem Kleinanleger nicht einzelne Obligationen, sondern Anteile eines Obligationenfonds. Solche sind zwarbreiter abgestützt, sie haben aber kein Verfalldatum. Bei einer Einzelanleihe weiss ich, wie hoch das Kapital ausfallen wird. Bei einem Obligationenfonds kann ich nur hoffen, dass sich die Kursverluste in absehbarer Zeit erholen. Das kann Jahre dauern.

In den vergangenen Jahren konnte man mit solchen Obligationen gutes Geld verdienen. Logisch: die Zinsen sanken und sanken, die Obligationenkurse stiegen und stiegen. Doch irgendwann wird uns die Zinswende überraschen. Wann das sein wird, weiss ich nicht. Und ja: Ich warne schon seit vielen Jahren vor einem Anstieg der Zinsen. So gesehen befinde ich mich im gleichen Boot wie die Crash-Propheten: Eines Tages werden auch sie recht bekommen. Und wenn eine Zinswende für tiefere Obligationenkurse sorgt, werde ich an dieser Stelle mit grossen Lettern frohlocken: «Ich habs ja schon immer gesagt.»

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