Frank A. Meyer
Im Interesse der Schweiz

Publiziert: 03.12.2017 um 12:20 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 14:54 Uhr

Ist die Geschichte des Schweizer Agenten Daniel Moser eine Posse? Wer dessen Auftraggeber ernst nimmt, den Nachrichtendienst des Bun­des (NDB), dürfte eher ein Versagen feststellen, sowohl nachrichtendienstlich wie politisch. Schliesslich geht der angerichtete Schaden zulasten der Schweiz.

Allein: Wer nimmt den NDB schon ernst? Einen Nachrichtendienst, der einen Ex-Polizisten auf deutsche Steuerfahnder ansetzt, die dem Steuerfluchtland Schweiz auf die Pelle gerückt sind. Und dies nach Erledigung des Steuerstreits durch den Automatischen Informationsaustausch!

Vor allem geschieht es zu einer Zeit, in der sich die Funktionäre des Nachrichtendienstes eigentlich Tag und Nacht mit Terrorabwehr hätten beschäftigen müssen statt mit Kindereien im Nachbarland!

Also eine Posse?

Nicht für Daniel Moser, den Agenten im Auftrag des NDB, der in Frankfurt zu einer Freiheitsstrafe von 22 Monaten bedingt verurteilt wurde. Er selber sagt: «Ich bin ruiniert.»

Das ist schlimm, zumal Moser überzeugt ist, ehrenwert gehandelt zu haben: aus Patriotismus, erklärte er den deutschen Richtern, «im Interesse der Schweiz».

Seine Überzeugung erläutert der ertappte Patriot mit folgenden Worten: «Ich habe es als eine Riesen-sauerei empfunden, dass die deutschen Steuerbehörden gestohlene Schweizer Bankdaten von deutschen Kunden aufkauften.»

Ist dieser vaterländischen Gefühlswallung etwas hinzuzufügen?

Natürlich nicht. Und natürlich doch.

Mosers Rechtfertigung geht so: Die Deutschen haben Schweizer Recht verletzt, indem sie gestohlene Daten kauften. Im Gegenzug verletzte er, der Schweizer, deutsches Recht, indem er jenseits des Rheins als Agent Jagd machte auf die dortigen Steuerfahnder, die das Schweizer Recht ver­letzten.

Mehr kann doch ein Schweizer nicht im Recht sein. Oder?

Wie steht es mit Mosers Im-Recht-Sein, wenn man den Schwarzgeld-Streit zwischen Deutschland und der Schweiz in ganzer Tiefe ausleuchtet?

Haben nicht Schweizer Banken über Jahrzehnte, wenn nicht über Generationen deutsches Recht verletzt, indem sie steuerbares deutsches Kapital bunkerten, also der bundesrepublikanischen Staatskasse Steuergelder vorenthielten? Indem sie in Deutschland mit Finanzagenten tätig waren, um unwilligen Steuerzahlern geheime Schweizer Konten schmackhaft zu machen. Indem sie in voller Kenntnis der deutschen Steuerrechtslage systematisch Bundesbürger zum Rechtsbruch anstifteten, mithin Beihilfe zum Rechtsbruch leisteten.

Genau dies aber stand am Anfang der Datenklau-Geschichte, deren letztes Kapitel der Nachrichtendienst des Bundes nun mit einer infan­tilen Peinlichkeit krönt.

Ja, es ist eine Posse. Allerdings nicht für Daniel Moser.

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