«Hellblade – Senua’s Sacrifice» im Test
Psychotischer Trip durch den Kelten-Mythos

Inhaltlich radikal und optisch eine Augenweide: «Hellblade – Senua’s Sacrifice» hätte ein fantastisches Game werden können. Nur spielerisch hapert es leidet gewaltig.
Publiziert: 14.08.2017 um 16:56 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 10:20 Uhr
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Martin Steiner

Übersicht: Das ist «Hellblade – Senua’s Sacrifice»

Die aus dem heutigen Schottland stammende Pikten-Kriegerin Senua macht sich auf eine persönliche Mission. Weil ihre Geliebter Dillion gestorben ist, reist die Helden in die keltische Mythologie. Denn im Totenreich Helheim hofft sie, Dillion wieder ins Leben zurückholen zu können. Doch der Weg dorthin ist alles andere als einfach. Verschiedene Monster stellen sich ihr in den Weg. Zusätzlich leidet Senua unter einer Psychose. Das hat zur Folge, dass sie während ihrer Reise ständig Stimmen hört, die mal hilfreiche Tipps bereithalten, mal mit faustdicken Lügen versuchen, die Heldin von ihrem Ziel abzuhalten.

Trailer zu «Hellblade – Senua's Sacrifice»

Trailer zu «Hellblade – Senua's Sacrifice»
2:00
Keltischer Höllentrip:Trailer zu «Hellblade – Senua's Sacrifice»

Das hat uns bei «Hellblade – Senua’s Sacrifice» gefallen

Mythologisch angehauchte Geschichte

Selten sieht man, dass ein Game mit einem psychologischen Berater entwickelt wird. Dies ist aber bei «Hellblade – Senua’s Sacrifice» der Fall. Denn Entwickler Ninja Theory ging mit dem Ziel an die Sache, die Psychose der Protagonistin möglichst real darzustellen. So vergehen im Game kaum zehn Sekunden, ohne dass sich die Stimmen in Senuas Kopf mit Kommentaren oder Hinweisen melden. Das vielstimmige Gemurmel wird so mit der Zeit eine Art Soundtrack zum Game. Zusammen mit Senuas inneren Monologen und einer Erzählerstimme ist das Spiel für ein Action-Game extrem wortreich. Dabei kann die Story bis auf den etwas zu versöhnlichen Schluss vollends überzeugen.

Grafisch eine Augenweide

Optisch ist das Spiel ein wahres Fest für die Augen. Bereits in «Heavenly Sword» zeigte Ninja Theory vor zehn Jahren, was mit dem Motion-Capture-Verfahren alles möglich ist. Dank Weiterentwicklung der Technik wirken die Charakteranimationen und die vielen verzweifelten Gesichtsausdrücke von Senua noch realer. Auch die Umgebungen sehen toll aus, sei es, wenn Senua durch Ruinen in der Wildnis wandert, oder im See der Toten mit aus den Wänden greifenden Händen um ihr Überleben kämpft.

Raffinierte Portal-Rätsel

Senuas Reise durch die keltische Unterwelt ist gespickt mit Rätseln. Witzig ist dabei jene Art, in der sich die Umgebung verändert, wenn Senua durch ein Portal geht. Bereits bevor sie das Tor betritt, erkennt sie von der anderen Seite aus, wie sich die Welt dahinter verändert und ob, wenn sie hindurch geht, ein Hindernis aus dem Weg geräumt wird oder ein neuer Durchgang möglich wird.

Das hat uns bei «Hellblade – Senua’s Sacrifice» genervt

Schwache Kämpfe

Im Spiel verzichtet man komplett auf ein User-Interface. Dadurch wirkt die tolle Optik noch besser. Bei den Kämpfen hat dies leider die Folge, dass man zu keiner Zeit weiss, wie angeschlagen das Gegenüber bereits ist. Hier gibt es auch keine optischen Hinweise in Form von sichtbaren Verletzungen. Das führt dazu, dass man ohne grosse Taktik auf den nächstbesten Feind einsticht und im korrekten Moment die Klinge zu einer Parade hebt. Die Kämpfe sind zwar nicht schwer, dafür regeneriert sich Senuas Gesundheit zu schnell. Im mittleren Schwierigkeitsgrad können sie aber mit mehreren Minuten bereits nervig lange dauern.

Langweilige Runenrätsel

Um verschiedene Türe zu öffnen, muss Senua oft Runen in der Umgebung finden. Diese können sich aus Landschaftsmerkmalen zusammensetzen oder sind als Feuerspur auf dem Boden zu finden. Da planloses Absuchen der Landschaft zu den langweiligsten Gametätigkeiten gehören, sind auch diese Rätsel gefühlt nur dazu da, die rund achtstündige Spieldauer etwas in die Länge zu strecken. Einzig Wimmelbild-Spieler können diesem Rätseltyp vielleicht etwas abgewinnen.

Fazit

Fehlendes User-Inteface ist oft ein zweischneidiges Schwert. Im Falle des ziemlich kampflastigen «Hellblade – Senua’s Sacrifice» schadet die Entscheidung mehr, als sie nützt. Zum Glück ist das Spiel audiovisuell so perfekt inszeniert, dass man über weite Strecken über verschiedene fragwürdige Design-Entscheidungen hinwegschauen kann. Kommt dazu, dass das wie ein Vollpreis-Titel wirkende Game für 30 Franken ein echtes Schnäppchen ist. Wer sich entfernt für die keltische Mythologie interessiert und sich auch mal mit einer abgedrehten Protagonistin identifizieren kann, macht mit «Hellblade – Senua’s Sacrifice» nicht viel falsch.

Wertung: 7 von 10 einen Tick zu lange dauernde Kämpfe

«Hellblade – Senua's Sacrifice» für PC und PS4, ab 18 Jahren

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