Zum Ende des einwöchigen Parteitags hat der chinesische Staatspräsident und Generalsekretär der kommunistischen Partei, Xi Jinping (64), seine Machtposition wie erwartet ausgebaut.
Auf ihrer Abschlusssitzung entschieden die etwa 2300 Delegierten, «Xi Jinpings Gedankengut für das neue Zeitalter des Sozialismus chinesischer Prägung» als neue Leitlinie in die Verfassung aufzunehmen. Das offizielle Verfahren sieht vor, solche Abstimmungen per Handheben zu entscheiden. Diesmal aber, als der Sitzungsleiter um das Handzeichen bat, reagierten die Genossen mit lauten «Meiyou»-Rufen: «Kein Einwand!»
In diesem Augenblick waren sich Beobachter des Parteitags in Peking einig, hat für die Volksrepublik China eine neue Ära begonnen.
Auf gleicher Stufe wie Mao
Die Partei hat den Chemieingenieur und seine Visionen damit auf die gleiche Stufe gestellt wie Revolutionsführer und Staatsgründer Mao Zedong (1893–1976) – und über Deng Xiaoping (1904–1997), dessen «Theorien» den wirtschaftlichen Aufschwung Chinas entscheidend beeinflusst haben.
Als ideologischer «Leuchtturm» sollen Xi Jinping und seine Doktrin den etwa 89 Millionen Parteigenossen den Weg in die Zukunft weisen. Seit dem «Steuermann» Mao Zedong ist kein chinesischer Politiker so mächtig gewesen wie Xi Jinping.
Dabei ist seine Vision in vielen Bereichen schwammig. Fest steht: Die Volksrepublik wird sich den Isolationsideen, etwa von US-Präsident Donald Trump (71), verweigern. Wer sich von der Welt abschliesse, hatte Xi bereit in seiner Eröffnungsrede erklärt, werde abgehängt werden. Das könne sich das kommunistische China nicht leisten, wenn es seine ehrgeizigen Ziele eines zumindest bescheidenen Wohlstands für alle erreichen wolle.
Kommunismus für die Ewigkeit
Eine der Ideen, mit denen Xi Jinping die Volksrepublik zur grössten Handelsnation der Welt machen will, ist der Ausbau einer neuen Seidenstrasse. Ein Eisenbahnstrang soll aus den Industriezentren Chinas bis an die westeuropäische Nordsee- und Atlantikküste reichen. Entlang dieser von China finanzierten Strecke sollen chinesische Handels-Aussenposten entstehen. Wandel durch Handel, nennt es Xi Jinping: ein anderes Wort für politischen Einfluss Pekings auch ausserhalb der chinesischen Grenzen.
Vor allem aber will Xi die Macht der Kommunistischen Partei über die chinesische Gesellschaft auf Dauer zementieren.
Das Gedankengut des Parteichefs fordert «vollständige und tiefgreifende Reformen» und die Entwicklung «neuer Ideen». Es beinhaltet «umwelterhaltende Produktionsverfahren», was eine radikale chinesische Energiewende hin zu erneuerbaren Energiequellen bedeutet. Die Partei soll in Zukunft «absolute Autorität über die Volksarmee» besitzen: eine Vorsichtsmassnahme der Genossen angesichts eines Generationswechsels bei der militärischen Führung.
Und schliesslich hat Xi in Hinblick auf den Status von Taiwan und Hongkong die Machtansprüche Pekings noch einmal betont: Unterschiedliche Systeme seien nur akzeptabel, solange die Herrschaft des kommunistischen Festlands nicht grundsätzlich in Frage gestellt werde. Ein Anspruch, der vor allem in Taiwan bestritten wird.
Für jeden Bürger ein Profil
All diese Ziele können nur durch die rigorose Kontrolle der Bevölkerung erreicht werden. Und dafür will der Parteichef zunehmend die rasant wachsende Digitalisierung des Riesenlandes nutzen. Schon jetzt werden die meisten Zahlungen in China digital erledigt. Kaum ein Lebensbereich, in dem ein Chinese keine digitalen Spuren hinterlässt. Aus ihnen will der Parteiführer ein politisches, soziales und wirtschaftliches Profil jedes einzelnen Bürgers entwickeln lassen. Die Kontrolle wäre total.
Der «Leuchtturm» Xi Jinping folgt zumindest in diesem Punkt dem grossen Vorbild Mao Zedong. Auch der erwartete von der Partei die totale Kontrolle der Bevölkerung. Er scheiterte an den fehlenden technischen Möglichkeiten. Xi Jinping hat mit dem Internet jetzt die Möglichkeit, den grössten Wunsch Maos zu verwirklichen.