Ihr seid nicht brav gewesen. So lautet der Tenor von Donald Trumps Botschaft an seine Partner im Verteidigungsbündnis der Nato. Als Präsident des Landes, das mit den höchsten Verteidigungsausgaben am meisten Mittel für die Nato bereitstellt, hat sich Trump gestern bei seinem Besuch in Brüssel eine Standpauke erlaubt.
Die anderen Staatschefs standen gestern bei sonnigem Wetter mit vom Wind zerzausten Haaren in Reih und Glied neben dem Rednerpult – wie eine Gruppe unartiger Schüler, die vor dem Direktor antraben mussten.
Verzicht auf Erwähnung des Bündnisfalls
Auf die übliche Demonstration von Einigkeit verzichtete Trump komplett. Den Bündnisfall, wonach ein Angriff auf ein Nato-Mitglied ein Angriff auf die ganze Nato bedeutet, erwähnte der US-Präsident mit keinem Wort.
Für die Partner ein Affront. Laut spiegel.de sagt ein nicht namentlich genannter Nato-Diplomat ganz undiplomatisch: «Der hat uns einfach den Stinkefinger gezeigt.»
«Unfair gegenüber den Steuerzahlern der USA»
Viele der Verbündeten kämen ihren finanziellen Pflichten immer noch nicht nach, polterte Trump. «Das ist nicht fair gegenüber dem Volk und den Steuerzahlern der USA.» Die säumigen Zahler stünden mit «einer ungeheuren Menge an Geld» in der Kreide.
Entsetzte Mienen in den Reihen der lauschenden Staatschefs. Schliesslich hatte man eben noch angekündigt, in Zukunft zwei Prozent der Wirtschaftsleistung für Verteidigungsausgaben aufwenden zu wollen!
Doch Trump ist selbst das nicht genug. Zwei Prozent des Bruttoinlandprodukts seien «unzureichend», um die Streitkräfte der Allianz zu modernisieren, zu vergrössern und ihre Einsatzbereitschaft zu erhöhen, sagte Trump. Die zwei Prozent seien das «absolute Minimum», um die «realen und teuflischen Bedrohungen» der Gegenwart anzugehen. (noo)