Influencer sind eine Erscheinung der 2010er-Jahre. Sie zeichnen sich eigentlich nur dadurch aus, dass sie viele «Follower» auf Instagram, Facebook oder YouTube haben. Ihre grosse Anhängerschaft nutzen sie, um sich von Firmen dafür bezahlen zu lassen, deren Produkte anzupreisen. Viele Menschen, besonders Teenager, mögen sie. Viele Menschen, besonders Zyniker, mögen sie nicht. Zu letzteren gehört ohne Zweifel Paul Stenson.
Stenson besitzt in Dublin das «The White Moose Café», ein Hotel für höhere Ansprüche. Die britische Influencerin Elle Darby (mit 87'000 YouTube-Abonnenten und 76'000 Instagram-Followern gehört sie nicht zu den grossen Namen im Geschäft) wollte dort gerne fünf Tage übernachten. Gemeinsam mit ihrem Freund. Gratis. Dafür würde sie sein Hotel in ihren Videos und Instagram-Posts erwähnen und ihm dadurch zusätzliche Gäste bringen, versprach sie Stenson.
Viele Followers bedeuten nichts
Die (gekürzte)Replik von Paul Stenson: «Lieber Social Media Influencer (ich kenne deinen Namen, aber der ist ja offenbar nicht wichtig). Danke für die E-Mail. So etwas zu fragen braucht eine Menge Mut, wenn auch wenig Respekt vor sich selber. Aber wer soll für die Angestellten bezahlen, wenn ich dich hier gratis wohnen lasse? Vielleicht sollte ich ihnen sagen, dass sie dafür in deinen Videos zu sehen sind. Wir haben selber auch einige Social-Media-Follower. Das gibt mir aber nicht das Recht, gratis Dinge zu beziehen, für die Andere bezahlen müssen. Ach ja: Die Antwort auf deine E-Mail ist Nein.»
Damit hätte die Geschichte zu Ende sein können. Doch obwohl der Hotel-Manager den Namen schwärzte, fanden seine Leser schnell heraus, dass es sich bei der Influencerin um Darby handelte. Sie wurde in der Folge mit viel Häme und Hass konfrontiert und gab in einem 17-minütigen YouTube-Video (Titel: «I was exposed – SO embarassing) Einblick in ihr Seelenleben. Sie sei doch nur ein 22-jähriges Mädchen, das von zuhause arbeitet. Und nun werde sie von Vielen als «Freeloader» bezeichnet, das sei nicht richtig.
Shitstorm, Eskalation
Aber Darby hat ihre eigenen Fans und deshalb musste auch Paul Stenson für sein Verhalten einen Shitstorm aushalten. Viele Blogger veröffentlichten negative Reviews seines Hotels, ohne je dort gewesen zu sein. Auf Bewertungsportalen ging das Rating des Unternehmens runter. In einem Facebook-Post erklärte Stenson deshalb diese Woche: «Sämtlichen Bloggern ist der Zutritt zu unserem Hotel und Café verboten.» Als Grund gibt er an, dass er nie gedacht hätte, dass die Anspruchsempfindung in der Blogging-Welt derart ausgeprägt sei. Das Video von Darby, in dem sie sich als Opfer darstelle, sei offenbar ein Modus Operandi dieser Community, die Alles für Nichts will. «Ich hätte nie gedacht, dass wir einmal negative Reviews kriegen, nur weil jemand nicht gratis bei uns wohnen kann.»
Via Instagram merkt Stenson an, dass durch diese Geschichte Zweifel an der Authentizität von Influencern auftauchen könnten: «Sie hätte positiv über uns berichtet, nur weil sie etwas gratis bekommt.» Es ist aber kaum anzunehmen, dass Influencer dadurch Schaden davontragen. Firmen wissen, wie die Reviews ihrer Produkte zustande kommen. Die Einzigen, die sich dessen nicht immer bewusst sein dürften, sind die anvisierten Käufer – die Teenager.