BLICK: Herr Schmidt, Nord- und Südkorea haben angekündigt, eine Friedenserklärung zu unterzeichnen. Heisst das, dass zwischen den beiden Nationen endlich Frieden herrscht?
Hans-Joachim Schmidt: Ja und nein. Nord- und Südkorea haben sich mit dieser bilateralen Erklärung klar zum Frieden bekannt. Aber sie kann den Waffenstillstandsvertrag von 1953 nicht ersetzen, weil dieser auch von den USA und China unterzeichnet wurde. Ohne die Zustimmung der beiden Grossmächte kann der Vertrag nicht geändert werden. Das heisst, dass Nord- und Südkorea offiziell immer noch zwischen Krieg und Frieden stehen. Die Friedenserklärung könnte allerdings der Startschuss für entsprechende Verhandlungen mit China und den USA sein.
Hat der heutige Gipfel auch Auswirkungen auf das Treffen zwischen Kim Jong Un und US-Präsident Donald Trump?
Auf jeden Fall! Mit der Friedenserklärung verfolgen Moon und Kim auch das Ziel, die US-Regierung mit Donald Trump davon zu überzeugen, eine diplomatische Lösung des Konfliktes anzustreben.
Bis vor wenigen Monaten provozierte Kim die Welt immer wieder mit Atom- und Raketentests, plötzlich will er offenbar Frieden. Woher kommt der Sinneswandel?
Dafür gibt es zwei Hauptgründe. Erstens wirken die von der Uno verhängten Sanktionen gegen Nordkorea. So ist es für das Regime nicht mehr möglich, sein doppeltes Programm von der gleichzeitigen Weiterentwicklung des Atomprogramms und der Stärkung der Wirtschaft zu verfolgen. Zweitens haben die unterschwelligen Drohungen der USA, militärische Gewalt anzuwenden, wohl auch Wirkung gezeigt.
Wie ernst meint Kim Jong Un denn die Zusagen, die er betreffend des Atomprogramms gemacht hat?
Die Gesprächsbereitschaft ist sicher ernst gemeint. Allerdings stellt sich immer noch die Frage, wann und wie die Denuklearisierung ablaufen soll. Ich kann ich mir nicht vorstellen, dass Nordkorea ganz auf Atomwaffen verzichten wird. Sie sind das einzige, was dem Kim-Regime Sicherheit garantieren kann. (krj)