Sie sind sich in ihrem Job einiges gewohnt. Doch rund 200 forensische Pathologen, darunter Israelis und Freiwillige aus dem Ausland – auch aus der Schweiz –, wirken bei der Untersuchung von Hamas-Massakeropfern offenbar verstört. Dies berichtet das US-Nahostportal Media Line in einer Reportage aus Abu Kabir, Israels Nationalem Zentrum für Gerichtsmedizin in Tel Aviv.
Containerweise wurden dort, in Hafennähe, Opfer gelagert. Nach Abu Kabir gelangen die sterblichen Überreste der Gewaltopfer. Viele seien «aufgrund der Brutalität des Angriffs nicht mehr als Menschen zu erkennen». Selbst für abgebrühte Gerichtsmediziner «kaum zu ertragen».
Die Mediziner «waren sichtlich verstört über die ihnen vorliegenden Beweise», so der Reporter. «Trotz aller Bemühungen, objektiv und distanziert zu bleiben – wie es der Beruf verlangt – brachen im Laufe des Tages viele in Tränen aus.»
Letzte Umarmung mit Kind
Unter den Überresten befanden sich verkohlte Hände mit Schnürwunden. Die zeigen offenbar an, wo die Hände der Opfer mit Metalldraht auf dem Rücken gefesselt waren, bevor sie bei lebendigem Leib verbrannt wurden. Auch wurde eine verkohlte Fleischmasse untersucht, bei der man auf den ersten Blick nicht erkennen konnte, dass sie jemals einem Menschen gehörte. Oder zwei Menschen.
Erst ein CT-Scan schuf Gewissheit. Überreste von zwei ineinander verschmolzenen Wirbelsäulen – einer von einem Erwachsenen, einer von einem jungen Menschen. Ein Elternteil und ein Kind. Die Forensiker gehen davon aus, dass die beiden in einer letzten Umarmung mit Metalldrähten aneinandergefesselt und dann angezündet wurden.
Bei lebendigem Leib verbrannt
Er habe in seiner 31-jährigen Karriere schon viele schreckliche Dinge gesehen, aber nichts übertreffe die grausamen Bilder jetzt, sagt Dr. Chen Kugel, Direktor von Abu Kabir. «Der Anteil von verkohlten Leichen ist hoch. Viele haben Schusswunden an den Händen, was zeigt, dass sie zur Verteidigung die Hände vors Gesicht hielten. Wir wissen, dass viele in ihren Häusern bei lebendigem Leib verbrannt wurden. In ihren Luftröhren und Kehlen ist Russ. Das bedeutet, dass sie noch atmeten, als sie angezündet wurden.»
Der einzige Trost sei, sagt Kugel, dass die verbrannten Opfer wahrscheinlich am Einatmen von Kohlendioxid und Russ starben, bevor das Feuer sie tötete.
Die Altersspanne der Opfer reiche von drei Monaten bis zu 80 oder 90 Jahren. Viele Leichen, auch die von Säuglingen, seien kopflos. Auf die Frage, ob sie enthauptet wurden, antwortete Kugel mit Ja. Allerdings sei es angesichts der Umstände schwierig, festzustellen, ob sie vor oder nach dem Tod enthauptet wurden und wie sie enthauptet wurden.
Manche werden nie identifiziert
Zunächst waren alle Überreste von Massakeropfern im Shura-Militärcamp in Zentralisrael gesammelt worden. Derzeit lagern in Shura noch immer rund 950 Leichensäcke. Doch statt von Leichensäcken wird einfach von «Säcken» gesprochen. Da nicht klar ist, wie viele Opfer sich darin befinden. Chef-Forensiker Kugel: «Die sterblichen Überreste einer Person können sich in einem einzigen Sack befinden. Oder die sterblichen Überreste einer Person können sich in mehreren Säcken befinden.»
Gerade im jüdischen Glauben wäre es wichtig, die Toten so schnell wie möglich zu begraben. Derzeit arbeiten Spezialisten in Israel an vier Orten daran, die Leichen zu identifizieren und zur Bestattung freizugeben. So wurden am Freitag auch erst acht von insgesamt 30 thailändischen Opfern nach Bangkok repatriiert. Rund 350 Leichen konnten noch nicht identifiziert werden. «Manche Menschen werden wir nie finden und niemals identifizieren», sagt Kugel.
«Das sind keine Menschen»
Die quälende Arbeit der Forensiker hat auch eine Botschaft an die Welt. «Ich möchte, dass die Welt weiss, dass die Hamas das Töten genossen hat», sagt Nurit Bublil, Chefin des DNA-Labors im Abu-Kabir-Zentrum. «Dies war kein Kampf, kein militärischer Konflikt, kein staatlicher Konflikt oder politischer Konflikt. Hamas genoss die Morde so sehr, dass sie alles taten, um den Mord zu feiern.»
Bublil: «Sie feierten brennende Häuser mit Zivilisten darin, die ihnen nichts angetan hatten. Sie genossen es, ein 18-jähriges Mädchen von einer Party oder einem Festival zu schnappen, es zu einem Auto zu zerren und nach Gaza zu bringen. Und wer weiss, was dazwischen passiert ist. Sie genossen und feierten den Tod.»
Die Ärztin nennt sie «Monster. Das sind keine Menschen. Niemandem zeigten sie Gnade. Niemand, der noch lebte und ihnen begegnete, blieb am Leben. Niemand.»