Einige Monate vor den Präsidentschaftswahlen in Russland steht Putins Propaganda-Maschinerie nicht still. Internet-Trolls nutzen jede Möglichkeit, um mit prorussischen Kommentaren die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Auch gerne im Namen von Toten.
Jedes Jahr beantwortet Russlands Präsident Wladimir Putin (65) an einer Medienkonferenz die Fragen Hunderter Journalisten. Am 14. Dezember sprach er während knapp vier Stunden über die politische Opposition, die für ihn keine Konkurrenz darstellt, über das BIP-Wachstum und den Rückgang der Kindersterblichkeit in Russland.
Nach der Konferenz stellte die Jugendorganisation der Putin-Partei Einiges Russland, Junge Garde, die besten Zitate des Präsidenten zusammen und verbreitete sie als Fotopost mit dem Hashtag «Putin ist cool» in sozialen Netzwerken, um für ihn zu agitieren.
Accounts von Toten
Kurze Zeit später wurden die Fotos von privaten Nutzern weitergeteilt. Einige dieser Accounts gehören allerdings Menschen, die bereits vor einigen Jahren verstorben sind, schreibt «Znak.com». Die Profile im russischen Facebook-Pendant VKontakte seien mehrere Jahre inaktiv gewesen. Die letzten Posts darauf waren Kondolenzschreiben von Freunden.
Die Pressesprecherin der Jugendorganisation, Anna Rogatschjowa, beteuert, nichts mit den Vorfällen zu tun zu haben: «Wir haben die Bilder zwar erstellt, aber jetzt stehen sie im Internet frei zur Verfügung. Jeder kann sie also genommen und irgendwo gepostet haben.» Sie glaubt, es handle sich bei der Aktion um eine bewusste Provokation, um ihre Organisation und Putin ins schlechte Licht zu rücken.
Auch bei Vkontakte weist man die Schuld von sich. «Die entsprechenden Profile wurden gehackt», sagt ein Sprecher. Man arbeite daran, die Seiten nun endgültig zu sperren.
Es ist nicht das erste Mal, dass Russlands Online-Trolle im Fokus der Aufmerksamkeit stehen. Vor zwei Jahren gingen mehrere ehemalige Schreiberlinge an die Öffentlichkeit. Die Cyber-Aktivistin Ljudmilla Sawtschuk postete im Auftrag der russischen Regierung Putin-lobende Kommentare im Netz. Dann verklagte sie ihren Arbeitgeber, um auf die Internet-Propaganda in Russland aufmerksam zu machen. (man)