Marokkanische Terror-Teenager töten in Spanien
Die mörderischen Kinder des Kalifats

In Spanien hat ein Netzwerk von marokkanischen Jugendlichen zugeschlagen. Die Taktik des IS geht auf: Islamistische Attentäter in Europa werden immer jünger.
Publiziert: 19.08.2017 um 23:59 Uhr
|
Aktualisiert: 12.09.2018 um 02:20 Uhr
1/2
Nach dem Anschlag patrouillieren in Barcelona schwer bewaffnete Polizisten.
Foto: Anadolu Agency
Fabian Ebehrhard
Younes Abouyaaqoub (22)
Foto: Keystone

Knapp zwei Tage nach den Terroranschlägen in Spanien sucht die Polizei weiter nach Drahtziehern. Klar ist: Hinter den Attacken steht ein Netzwerk von jungen Marokkanern. Auf Fahndungsfotos lächeln sie in die Kamera. Es sind die Gesichter von Buben, von radikalisierten Teenagern.

Die meisten von ihnen sind gerade mal 17, 19 oder 21 Jahre alt. Als Hauptverdächtiger gilt YounesAbouyaaqoub (22). Er soll der Todesfahrer sein, der mit dem Lieferwagen in die Menschenmenge auf der Touristenmeile Ramblas raste. Die Attentäter gehören zu einer neuen Generation von Terroristen. Sie sind die Kinder des Kalifats. Seit Jahren setzt der Islamische Staat gezielt auf die Bereitschaft junger Menschen, sich für eine angeblich grosse Sache zu opfern. Für Allah, für den Kampf gegen die «Kuffar», die Ungläubigen.

«Alle Treulosen töten »

Moussa Oukabir (†17)
Foto: Keystone

Auch Moussa Oukabir (†17) träumte davon. Er war das jüngste Mitglied der Terrorzelle. Vor zwei Jahren wurde er auf der Chat-App Kiwi gefragt: «Was würdest du an deinem ersten Tag als absoluter Herrscher machen?» Seine Antwort: «Alle Treulosen töten, nur diejenigen Muslime verschonen, die der Religion folgen.» In der Nacht zum Freitag wurde der Teenager beim Anti-Terror-Einsatz in Cambrils von einem Polizisten erschossen.

Experten und Sicherheitsbehörden warnen immer lauter vor Teenager-Terroristen. Denn die Propaganda der Islamisten wirkt auch bei Jugendlichen. Vor allem bei ihnen.

«Der Islamische Staat mobilisiert Kinder und Jugendliche in einem wachsenden und beispiellosen Mass», kamen Forscher der US-Universität Georgia State in Atlanta zum Schluss. Sie werteten Twitterfotos und Videos aus, auf denen zwischen Januar 2015 und Januar 2016 Kinder und Jugendliche als IS-Märtyrer gefeiert werden.
 

Viele von ihnen starben als Selbstmordattentäter in Syrien und im Irak. Jetzt schlagen sie auch in Europa zu – oft radikalisiert über das Internet.

Jugendliche im Visier des IS

Mohamed Hychami (24)
Foto: Keystone

Laut dem deutschen Verfassungsschutz-Chef Hans-Georg Maassen nimmt der IS immer geschickter Jugendliche ins Visier, deren Charakter noch nicht gefestigt ist. «Die Propaganda ist sehr jugendgerecht und spricht junge Leute an, die auf der Suche nach Hilfe und Orientierung sind», sagt er. Vor allem die Videos im Internet seien «hochprofessionell».

Nicht nur der IS, auch führende Salafisten in Europa nutzen neue Medien, um ihre Ideologie in die Köpfe der Jungen zu pressen.

Der deutsche Hassprediger Pierre Vogel stellt seit Jahren Videos auf Youtube. In einem Kurzfilm aus dem Jahr 2010 sitzt er mit einem damals neunjährigen Mädchen an einem Tisch. Ihr Name: Safia, gehüllt in einen schwarzen Hidschab. Mit heller Stimme singt sie eine Sure des Koran. Drei Minuten lang, auswendig. Am Ende ist Vogel begeistert. «Hör mal, ich muss dich aufnehmen, dann kann ich dich im Auto hören», sagt er. Und: «Allahu akbar!» Sechs Jahre später, im Februar 2016, sticht Safia einem Polizisten am Bahnhof von Hannover (D) bei einer Routinekontrolle in den Hals.

Neo-Dschihadisten sind meist schlecht organisiert

Said Aallaa (19)
Foto: Keystone

In Europa sind es vor allem junge Secondos aus muslimischen Ländern, die sich radikalisieren. Diese Neo-Dschihadisten sind meist schlecht organisiert und nur lose in internationale Strukturen eingebunden. Doch sie sind nicht minder brutal als ihre Vorgänger, etwa die Al-Kaida-Attentäter vom 11. September 2001. Ihre Anschläge verüben sie mit Alltagsgegenständen, mit Messern, Äxten oder Lastwagen.

Auch die Schweiz hat Erfahrung mit islamistischen Teenagern. Bekanntestes Beispiel: ein Geschwisterpaar aus Winterthur, das sich im Dezember 2014 nach Syrien absetzte. Ein Bub, damals 16, und seine kleine Schwester, gerade mal 15.

Cafe Zurich

Kommentar von Gieri Cavelty, Chefredaktor SonntagsBlick

Im Grunde war man sich einig: Wir lassen uns vom Terror nicht beeindrucken. Trauer für die Opfer – ja. Und Beileid für die Angehörigen natürlich. Im Übrigen aber will sich Europa ganz bewusst in zivilisierter Gelassenheit üben. Die Sicherheitsbehörden sollen die Terroristen bekämpfen und dafür alle nötigen Kompetenzen erhalten. Die Gesellschaft aber – Sie und ich: Wir lassen uns nicht irre machen. Das Leben geht weiter.

Und dann kam Barcelona.

Barcelona ist die lebensbejahendste Stadt Europas. Die Ramblas sind ihr Stolz und ihre Lebensader.

Auf diesem Boulevard bummeln Touristen aus der ganzen Welt, es gibt Strassenkünstler, Ramschverkäufer, Taschendiebe. Aber das wissen Sie ja alles, liebe Leser: Kaum ein Schweizer, der dort nicht schon herumspaziert ist.

Das grosse Restaurant am Kopf der Ramblas heisst Cafe Zurich. Dort ist der Terrorist im weissen Lieferwagen zu seiner Todesfahrt gestartet.

Der Anschlag auf die Ramblas war ein Anschlag auf die Welt. Und da gehört die Schweiz nun mal dazu. Darum reagieren wir auf das Attentat vom Donnerstag nicht einfach mit zivilisierter Gelassenheit. Darum erschüttern uns diese Morde in besonderem Masse – obschon es nicht die ersten sind und nicht die letzten bleiben werden.

Noch etwas Verstörendes ist das Alter der Attentäter – einige Mitglieder der Dschihadisten-Gruppe waren fast noch Kinder. Teenager als Tötungsmaschinen: Ein weiterer Beweis, dass es beim islamistischen Terror nie, aber auch gar nie um die Stellung der Muslime in Europa und der Welt gegangen ist. Die wohlklingenden Theorien, laut denen Diskriminierung und soziale Ausgrenzung aus Muslimen Terroristen machen, sind Schwachsinn. Ein Jugendlicher kann nicht ansatzweise so geplagt worden sein, dass er deswegen einen derart vernichtenden Hass entwickelt.

Die Mörder von Barcelona sind lediglich die strohdummen Handlanger einer hasserfüllten Ideologie und zynischer Ideologen.

Kommentar von Gieri Cavelty, Chefredaktor SonntagsBlick

Im Grunde war man sich einig: Wir lassen uns vom Terror nicht beeindrucken. Trauer für die Opfer – ja. Und Beileid für die Angehörigen natürlich. Im Übrigen aber will sich Europa ganz bewusst in zivilisierter Gelassenheit üben. Die Sicherheitsbehörden sollen die Terroristen bekämpfen und dafür alle nötigen Kompetenzen erhalten. Die Gesellschaft aber – Sie und ich: Wir lassen uns nicht irre machen. Das Leben geht weiter.

Und dann kam Barcelona.

Barcelona ist die lebensbejahendste Stadt Europas. Die Ramblas sind ihr Stolz und ihre Lebensader.

Auf diesem Boulevard bummeln Touristen aus der ganzen Welt, es gibt Strassenkünstler, Ramschverkäufer, Taschendiebe. Aber das wissen Sie ja alles, liebe Leser: Kaum ein Schweizer, der dort nicht schon herumspaziert ist.

Das grosse Restaurant am Kopf der Ramblas heisst Cafe Zurich. Dort ist der Terrorist im weissen Lieferwagen zu seiner Todesfahrt gestartet.

Der Anschlag auf die Ramblas war ein Anschlag auf die Welt. Und da gehört die Schweiz nun mal dazu. Darum reagieren wir auf das Attentat vom Donnerstag nicht einfach mit zivilisierter Gelassenheit. Darum erschüttern uns diese Morde in besonderem Masse – obschon es nicht die ersten sind und nicht die letzten bleiben werden.

Noch etwas Verstörendes ist das Alter der Attentäter – einige Mitglieder der Dschihadisten-Gruppe waren fast noch Kinder. Teenager als Tötungsmaschinen: Ein weiterer Beweis, dass es beim islamistischen Terror nie, aber auch gar nie um die Stellung der Muslime in Europa und der Welt gegangen ist. Die wohlklingenden Theorien, laut denen Diskriminierung und soziale Ausgrenzung aus Muslimen Terroristen machen, sind Schwachsinn. Ein Jugendlicher kann nicht ansatzweise so geplagt worden sein, dass er deswegen einen derart vernichtenden Hass entwickelt.

Die Mörder von Barcelona sind lediglich die strohdummen Handlanger einer hasserfüllten Ideologie und zynischer Ideologen.

In den Kantonen hat man die Gefahr radikalisierter Jugendlicher erkannt. Pionierarbeit leistete Zürich. Dort betreiben die Behörden schon seit 2015 ein sogenanntes Bedrohungsmanagement. Mehr als ein Dutzend Mitarbeiter befassen sich ausschliesslich mit Problemjugendlichen zwischen 15 und 20 Jahren. Zur Analyse werden unter anderem computerunterstützte Screening- und Prognoseinstrumente eingesetzt.Durch die intensive Beobachtung sollen problematische Entwicklungen früh erkannt und verhindert werden. So, dass ein Anschlag wie in Barcelona bereits im Vorfeld verhindert werden kann.

Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.

Polizei durchsucht das Haus eines Imams

Noch ist unklar, wo und wie sich die jungen Attentäter von Spanien radikalisiert haben. Eine Spur führt jetzt zu einem Imam, dessen Haus die Polizei am Samstagmorgen in der Stadt Ripoll nördlich von Barcelona durchsucht hat. Laut einem Bericht der Zeitung «El País» vermuten die Sicherheitskräfte, dass der muslimische Geistliche bei einer Explosion in Alcanar ums Leben gekommen ist, als er an einer Bombe bastelte. Derweil zeichnet sich ab, dass auch der Messerangriff im finnischen Turku mit zwei Toten ein Anschlag war. Täter: ein 18-jähriger Marokkaner.

Noch ist unklar, wo und wie sich die jungen Attentäter von Spanien radikalisiert haben. Eine Spur führt jetzt zu einem Imam, dessen Haus die Polizei am Samstagmorgen in der Stadt Ripoll nördlich von Barcelona durchsucht hat. Laut einem Bericht der Zeitung «El País» vermuten die Sicherheitskräfte, dass der muslimische Geistliche bei einer Explosion in Alcanar ums Leben gekommen ist, als er an einer Bombe bastelte. Derweil zeichnet sich ab, dass auch der Messerangriff im finnischen Turku mit zwei Toten ein Anschlag war. Täter: ein 18-jähriger Marokkaner.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?