Marcus Hutchins aus Südwestengland versteht immer noch nicht recht, was mit ihm passiert. Plötzlich ist er der Held. Derjenige, der während der Cyber-Attacke durch die Schadsoftware «WannaCry» als Einziger ein Gegenmittel gefunden hat.
Die ganze Welt will wissen, wer sie gerettet hat. Das findet der junge Mann amüsant. Seine Reaktion auf den Hype um seine Person:
Hutchins war in den Ferien, als Cyber-Kriminelle am Freitag eine weltweite Internet-Attacke starteten. Der 22-Jährige arbeitet normalerweise als Sicherheitsexperte bei der Internet-Security-Firma Kryptos Logic.
In seinem Zimmer im Haus der Eltern tüftelte er am Code der Erpresser-Software herum. Irgendwo fand er eine Internet-Adresse. Die Domain war noch frei. Hutchins registrierte sie. Kostenpunkt: acht Pfund. Und siehe da: Die Webadresse funktionierte wie ein «Notschalter», um die sogenannte Ransomware WannaCry ausser Kraft zu setzen.
Spiele statt Lernen
Dass er heute ein IT-Sicherheitsexperte ist, verdankt er der Langeweile im Klassenzimmer. «In der Schule konnten wir auf den Computern nur auf lehrreiche Seiten zugreifen. Doch Spiele interessierten uns mehr. Also haben wir versucht, die Restriktionen zu umgehen», erzählt er der «Daily Mail».
Nach der Schule wollte Hutchins studieren. Weil die Schule aber seine Noten falsch registriert hatte, verpasste er den Anmeldeschluss an der Universität. Im Zwischenjahr startete der junge Mann dafür den Blog MalwareTech – auf den sein aktueller Arbeitgeber aufmerksam wurde. «Sie haben mir eine Stelle angeboten – und ich gab die Uni auf», sagt er. Er arbeite dort, so viel er wolle, und habe noch genug Zeit für sein Hobby: das Surfen. Das echte, auf den Wellen des Meeres.
Hutchins ist auch ein leidenschaftlicher Pizzafan. Auf seinem Twitter-Account veröffentlicht er dauernd Bilder des typischen Nerd-Foods. «Ich mag Pizza nur deshalb, weil ich einfach anrufen muss – und nichts selbst dafür tun muss», sagt Hutchins. Vergangenes Wochenende, während der Attacke, musste er deswegen sein Zimmer kaum verlassen.
Auch von Freunden gibt es nur Lob für Hutchins. «Er ist die talentierteste Person, die ich kenne», erzählt ein Bekannter dem «Telegraph». «Sein Job ist für ihn eher Leidenschaft und nicht Arbeit.» Deshalb will er ihn auch behalten, trotz unzähliger neuer Angebote von anderen Firmen.
Rächen sich die Hacker?
Das IT-Genie arbeitet jetzt zusammen mit dem britischen National Cyber Security Centre (NCSC) an einer umfassenden Lösung gegen die Cyber-Attacke. Heute sei aber noch ein weiterer Zombie-Angriff möglich, schrieb Hutchins auf Twitter:
Angst vor der Rache der Hacker hat Hutchins nicht. Auch wenn er sagt: «Sie können alles machen, wenn sie wissen, wo ich wohne. Ein Sicherheitsblogger erhielt Morddrohungen, nachdem seine Identität bekannt geworden war. Das könnte mir nun auch passieren.» Am meisten ärgert ihn zur Zeit aber, dass bei seinen Eltern dauernd geklingelt wird. Während er am Computer sitzt – und die Welt rettet. (maz)