Dass Orang-Utans nicht immer friedlich sind, ist bekannt. Doch nun haben Forscher der Universität Zürich zum ersten Mal beobachten können, dass ein Borneo-Orang-Utan-Weibchen eine Artgenossin gezielt töten liess. Das Drama tönt wie ein Krimi. Das Orang-Utan-Weibchen «Kondor» ist auf Partnersuche und trifft auf Ekko. Sie finden sich gegenseitig attraktiv und paaren sich. Plötzlich bricht Kondor diesen Akt ab und greift die vorbeiziehende Rivalin Sidony an. Dabei wird sie von Ekko unterstützt. Das Duo verfolgt die ältere Sidony, schneidet ihr den Fluchtweg ab. Den darauffolgenden tödlichen Kampf überlässt Kondor ihrem Männchen. Dieses verletzt Sidony in einem 33-minütigen Kampf so stark, dass sie zwei Wochen später stirbt.
Kondor hat ihr Junges verloren
«Bisher war nicht bekannt, dass Orang-Utan-Männchen und -Weibchen solche Koalitionen eingehen», sagt Studienautorin Anna Marzec. Auseinandersetzungen unter Orang-Utan-Weibchen enden in der Regel nicht tödlich. Eine seltene Kombination von Umständen habe zu diesem tödlichen Kampf geführt, sagen die Autoren. So war Sidony bereits älter und entsprechend verletzlich. Gleichzeitig war Kondor als «aggressives» Tier bekannt. Was damit zu tun haben dürfte, dass sie zuvor ihr Junges verloren hatte. Sie konnte Ekko offenbar für sich instrumentalisieren, die unangenehme «Arbeit» für sie zu erledigen. «Dieses Geschehen wirft ein neues Licht auf das Sozialverhalten der Tiere.»
Weibliche Borneo-Orang-Utans (Pongo pygmaeus wurmbill) leben allein. Während die männlichen Tiere in einem grösseren Radius umherwandern. Nur zur Paarungszeit kommen Männchen und Weibchen zusammen.
Das Team vom Anthropologischen Institut der UZH beobachtet seit 2003 Borneo-Orang-Utans in den Sumpfwäldern Indonesiens. Im Laufe ihrer Studie haben die Forschenden insgesamt sechs Angriffe unter Weibchen beobachten können, die jedoch in keinem Fall zu irgendwelchen sichtbaren Verletzungen führten. Die Studie wurde in der Zeitschrift «Behavioral Ecology and Sociobiology» vor kurzem veröffentlicht. (nbb)