Eigentlich weiss der katalanische Separatisten-Chef Carles Puigdemont (55) genau, wie man Verfolger abschüttelt. Auf den Strassen Barcelonas sagt man dem ehemaligen Regionalpräsidenten nach, sogar Helikopter des Zentralstaates locker abzuhängen. Etwa, indem er in Tunnels gerne mal das Auto wechselt.
Ähnlich abenteuerlich lief die Verhaftung des Politikers am Sonntag ab. Spanische Geheimagenten beschatteten ihn offenbar tagelang. Bis sie auf einer Autobahnraststätte in der Nähe von Hamburg die Falle zuschnappen liessen.
Seither sitzt der Schreck des spanischen Zentralstaates in einem deutschen Gefängnis. Und Spanien jubelt. Die «Farce der Exilregierung» sei nun beendet, titelt die Presse. Er sei ein «Kamikaze-Politiker», der aus seiner eigenen Republik geflüchtet sei. Man will den 55-Jährigen ausliefern lassen und wegen «Rebellion» möglichst lange hinter Gittern sehen.
Warum nahm Puigdemont nicht das Flugzeug?
Nun ist der Jubel ob der filmreifen Verhaftung verhallt. Und man fragt sich: Wer hat hier eigentlich wem eine Falle gestellt? Liess sich Puigdemont – zweifellos ein schlauer Fuchs –, gar absichtlich verhaften?
Es spricht einiges dafür. Puigdemont hätte mit dem Flieger von Helsinki ins Brüsseler Exil fliegen können. Laut Medienberichten stand der Jet schon bereit. Der Politiker entschied sich aber für eine 2000 Kilometer lange Reise mit dem Auto.
Der Separatisten-Chef versucht schon lange, die Katalanenfrage zu einem internationalen Thema zu machen. Im Oktober letzten Jahres wandte er sich etwa an den SonntagsBlick und sagte: «Wir wollen die Schweiz als Vermittlerin.» Die EU, die Uno – kaum ein Strohhalm war den Katalanen in der Zeit um das Referendum Ende letzten Jahres zu dünn. Niemand liess sich darauf ein.
Nun muss sich Deutschland mit Katalonien befassen
Nun hat der 55-Jährige, was er immer wollte. Deutsche Gerichte müssen sich nun mit der Auslieferung an Spanien und damit mit der Legitimität der spanischen Vorwürfe befassen.
Und: Der Widerstand der katalanischen Bevölkerung wurde gestärkt. Zehntausende gingen in Barcelona auf die Strasse. Der Jubel könnte Madrid noch im Hals stecken bleiben.