In mindestens 36'000 Fällen
KZ-Wachmann wegen Beihilfe zum Mord angeklagt

Die Berliner Staatsanwaltschaft hat einen 95-jährigen mutmasslichen Ex-Wachmann im KZ Mauthausen wegen Beihilfe zum Mord in über 36'000 Fällen angeklagt.
Publiziert: 23.11.2018 um 15:53 Uhr
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Aktualisiert: 23.11.2018 um 17:23 Uhr
Im KZ Mauthausen war Heinrich T. Wachmann. Hier gedenken Überlebende der Befreiung.
Foto: /APA/PETER LECHNER

Wegen Beihilfe zu Mord in über 36'000 Fällen muss sich ein KZ-Wachmann verantworten. Der Angeschuldigte Heinrich T.* (95) soll zwischen Sommer 1944 und Frühjahr 1945 Angehöriger der 16. Kompanie des «SS-Totenkopfsturmbannes» in dem Konzentrationslager gewesen sein, wie die Anklagebehörde am Freitag mitteilte.

Über die Eröffnung des Hauptverfahrens muss nun das Landgericht Berlin entscheiden. Die Staatsanwaltschaft legt dem 95-Jährigen zur Last, er habe mit seiner Wachdiensttätigkeit die vieltausendfachen Tötungen von Insassen des KZ Mauthausen fördern oder zumindest erleichtern wollen. 

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Vergast, verhungert, erfroren

Während der Tatzeit wurden den Angaben zufolge in dem KZ mindestens 36'223 Menschen getötet. Die Tötungen erfolgten grösstenteils durch Vergasung, aber auch durch «Totbadeaktionen», Injektionen und Erschiessungen. Andere KZ-Insassen verhungerten oder erfroren.

Mauthausen war das grösste Konzentrationslager der Nazis auf dem Gebiet des heutigen Österreichs. Insgesamt waren dort im Zweiten Weltkrieg 200'000 Menschen inhaftiert. Rund 100'000 von ihnen wurden getötet.

Mehrere Anklage gegen SS-Mitglieder

Die Anklage gegen den 95-Jährigen in Berlin reiht sich ein in mehrere Anklagen gegen frühere SS-Mitglieder, die zuletzt noch einmal zu Strafprozessen vor deutschen Gerichten wegen der nationalsozialistischer Massenverbrechen in Konzentrations- und Vernichtungslagern geführt hatten.

Grund ist eine neue Rechtsauffassung, die sich in der deutschen Justiz durchsetzte. Demnach können unterstützende Tätigkeiten von KZ-Wachleuten als Beihilfe zum Mord eingestuft werden.

Keine Verjährung

Mehr als 70 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs müssen damit nun auch Verdächtige mit Anklagen rechnen, die als Wachen dienten.

Früher kamen in aller Regel nur Verdächtige vor Gericht, die sich direkt an der Tötung von KZ-Insassen beteiligt hatten. Mord und damit auch Beihilfe zum Mord unterliegen nach deutschem Recht nicht der Verjährung. (SDA)

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