Helfer am Absturzort geraten an ihre Grenzen
«Wir fanden keine Leichen, nur Teile»

Das unwegsame Gelände behindert die Bergungsarbeiten der abgestürzten Germanwings-Maschine massiv. Für die Helfer wird die Arbeit zum psychischen Belastungstest.
Publiziert: 27.03.2015 um 19:27 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 20:58 Uhr
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In weissen Anzügen gekleidet werden Helfer zu den Helikoptern gefahren.
Foto: Tom Lüthi

Der malerische Ort Seyne-les-Alpes erlangt durch den Germanwings-Absturz vom Dienstag traurige Berühmtheit. Die Tragödie wird auch zur Belastung für Helfer und Anwohner in der Region.

Das Trümmerfeld des zerschellten Airbus A320 liegt auf knapp 1600 Metern über Meer. Einen wirklichen Weg zur Unfallstelle gibt es nicht. Steile Aufstiege, meterhohe Felswände und unwegsames Gelände machen einen Aufstieg zur Tortur. Angehörige, die trotzdem zur Absturzstelle möchten, werden zum Ort Le Vernet gebracht. «Viel näher geht es einfach nicht. Der Unglücksort ist völlig unzugänglich», sagt die Präfektin Patricia Willaert an einer improvisierten Pressekonferenz.

«Wir haben es mit vielfach zerstückelten Körperteilen zu tun.»

Zum Einsatz kommen rund 200 Gebirgsjäger, ein Dutzend Spezialisten für die Leichenidentifikation und mehrere Experten der Luftfahrtpolizei, schreibt die «Süddeutsche Zeitung». Für sie wird die Arbeit zur psychischen Zerreissprobe. Brice Robin, Staatsanwalt aus Marseille, redet von schockierenden Zuständen am Unfallort: «Wir haben es mit vielfach zerstückelten Körperteilen zu tun.» Bis die vollständige Identifizierung der Leichen abgeschlossen ist, rechnet Robin mit Wochen.

Wie schlimm die Arbeit für die Helfer ist, zeigen die Aussagen von Frédéric Petitjean. Er ist Arzt und Mitglied der örtlichen Feuerwehr. Petitjean überflog als einer der Ersten das Trümmerfeld. Sechs Stunden lang hat er Überreste der Maschine und der Opfer eingesammelt. «Wir fanden keine Leichen. Nur Teile. Will das irgendjemand genauer wissen?» Petitjean ist den Tränen nahe.

Gefahr durch Wolfsrudel

Das Trümmerfeld, wo die Maschine in die Alpen rast, wird 24 Stunden bewacht. An Zufahrtswegen sind Polizisten postiert, welche unerwünschte Besucher zurückhalten. In der Nacht sollen sogar Spezialkräfte die Absturzstelle gegen Wolfsrudel sichern, schreibt die «Frankfurter Allgemeine Zeitung».

Das Dorf, in dem normalerweise 1400 Leute leben, zeigt sich hilfsbereit, bietet Angehörigen und Helfern sogar private Schlafstellen an. Und auch von offizieller Seite wird den Bergungsteams für ihren Einsatz gedankt. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel würdigte gestern das «unglaubliche Engagement» und das grosse Herz, mit dem die Menschen Hilfe leisten würden. (cat)

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