Der Guantánamo-Häftling Mohamedou Ould Slahi berichtet in seinem Tagbuch, wie er im Horror-Knast auf Kuba von zwei Wärterinnen vergewaltigt wurde. Sein Bericht ruft Erinnerungen an den Folter-Skandal im Gefängnis in Abu Ghraib hervor.
Die Bilder sind unvergessen: Aufseherin Lynndie England (32) zeigt mit einer Kippe im Mund auf das Geschlechtsteil eines irakischen Gefangenen, Sabrina Harman (37) posiert hinter einer Pyramide aus nackten Menschen.
Die Bilder gelangten vor rund zehn Jahren an die Öffentlichkeit. Die Wärter wurden für ihre grausamen Taten verurteilt und unehrenhaft aus der Armee entlassen. Doch was machen die Folter-Knechte und -Mägde seit ihrer Entlassung? Bereuen sie, was sie den Gefängnisinsassen angetan haben?
England: «Das ist, als würde man sich beim Feind entschuldigen»
Lynndie England ist seit ihrer Haftentlassung im März 2007 arbeitslos. Denn aufgrund ihrer Verurteilung kommt sie für viele Jobs erst gar nicht in Frage. Und sobald ein Arbeitgeber erfährt, was sie getan hat, will man sie nicht mehr anstellen. Deshalb hat die Folter-Hexe, wie sie genannt wird, bislang Freiwilligenarbeit geleistet oder sich mit Aushilfsjobs als Sekretärin über Wasser gehalten – ein Bekannter, der sie seit ihrer Jugend kennt, hatte Erbarmen.
Auch Jahre nach dem Skandal zeigte England keine Reue. Sie sah nie einen Grund sich zu entschuldigen. «Die Gefangenen waren nicht unschuldig. Sie versuchten uns umzubringen und Sie wollen, dass ich mich bei denen entschuldige? Das ist ja, als würde man sich beim Feind entschuldigen», sagt sie 2012 in einem Interview mit der «Daily Mail».
Chef-Folterer hatte Affäre mit Folter-Hexe
England lebt bei ihren Eltern und kümmert sich um ihren Sohn. Der Vater ist kein geringerer als der Chef-Folterer von Abu Ghraib, Charles Graner (46). Die beiden hatten eine Affäre, als sie im Irak waren. Aber: «Graner wollte nichts mit dem Baby zu tun haben», erzählt England.
Graner selbst wurde zu zehn Jahren Haft verurteilt – er galt als Anführer der Folter-Truppe. Wie es ihm nach seiner Entlassung ergangen ist, darüber ist wenig bekannt. Denn Graner verweigert partout jegliche Interviews.
Bekannt ist aber, dass Graner kurz nach Antritt seiner Haftstrafe eine andere Wärterin aus Abu Ghraib geheiratet hat: Megan Ambuhl. Sie ist auf dem Bild, auf dem Lynndie England einen Gefangenen an der Leine hält, mit drauf. Ambuhl wurde wegen Pflichtverletzung verurteilt, aber nicht wegen Folter.
Lange kämpfte sie für die Freilassung ihres Ehemannes, proklamierte seine Unschuld. Graner wurde nach sechseinhalb Jahren Gefängnis wegen guter Führung entlassen.
«Ich hatte nicht die Autorität, das zu stoppen»
Im Gegensatz zu Graner äusserte sich Sabrina Harman zum Folter-Skandal und erzählte ihre Geschichte dem Sender abc. Sie würde sich gerne bei den Irakern entschuldigen. Dennoch glaubt sie nicht, dass sie etwas falsch gemacht hat, während sie als Wärterin in Abu Ghraib gearbeitet hat. Sie habe zwar auf den Fotos posiert, aber sie habe nie jemandem Schmerzen zugefügt.
Sie habe vor allem Fotos von den schrecklichen Szenen gemacht, die sie dort gesehen habe. In Briefen an ihre Lebenspartnerin Kelly Bryant schrieb sie: «Ich weiss nicht, ob ich das psychisch verkrafte. Ich dachte, ich kann mit all diesen Dingen umgehen. Aber ich habe mich getäuscht.»
Auf die Frage, wieso sie nichts getan habe, als sie sah, dass man die Gefangenen folterte, sagte sie: «Ich glaube nicht, dass ich die Autorität gehabt hätte, um das zu stoppen. Ich wusste nicht, an wen ich mich wenden konnte.»
Und obwohl sie auf den Folter-Fotos lacht, sagt sie: «Ich hatte nie Spass.» Ihre Freundin erzählt, dass Harman nach ihrer Rückkehr Panikattacken hatte. «Sie brach zusammen und weinte. Sie war sehr anhänglich mir gegenüber», sagt Bryant. Harmann wurde am Ende zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt. (kab)