Die Schweiz ist den beiden französischen Präsidentschaftskandidaten total egal. In den Wahlprogrammen von Emmanuel Macron (39) und Marine Le Pen (48), in Reden oder Interviews kommt unser Land schlicht nicht vor. Doch ausser ihrer unterschiedlichen Europapolitik – die unabsehbare Folgen für die Schweiz haben wird – gibt es einen weiteren Programmpunkt von Wahlversprechen, der direkte Auswirkungen auf die Schweiz hat: die Energie- und Umweltpolitik.
Macron will Frankreichs Abhängigkeit vom Atomstrom von heute rund 75 Prozent auf 50 Prozent herunterschrauben und dafür die erneuerbaren Energien mit Wasserkraft, Windrädern und Sonnenkollektoren fördern. Le Pen dagegen setzt voll auf Atomstrom.
Macron würde Fessenheim schliessen
Das heisst für die Schweiz kurzfristig: Macron will die für spätestens 2018 geplante Schliessung des umstrittenen Uralt-AKW Fessenheim im Elsass vor den Toren Basels möglichst schnell umsetzen. Damit würde er ein Wahlversprechen von Noch-Präsident François Hollande (62) erfüllen und sich landesweit Stimmen der Grünen sichern. Das würde auch die Basler beruhigen, die sich seit Jahren vor einem Unfall im Kernkraftwerk fürchten. Dort kommt es ständig zu Pannen, und es steht in einem erdbebengefährdeten Gebiet.
Le Pen dagegen will das marode AKW nochmals sanieren und möglichst lange weiterbetreiben. Nicht nur aus Überzeugung, sondern auch, weil sie die Wähler in ihren Hochburgen im Elsass nicht vergraulen darf. Rund 2000 Jobs hängen direkt und indirekt vom AKW Fessenheim ab, das 1978 als erstes französisches AKW ans Netz ging.
Energiewende baut auf Frankreich
Die künftige Energiepolitik Frankreichs hat aber auch langfristige Auswirkungen auf die Schweiz: Bei einer Wahl Macrons und der Umsetzung seiner Atomreduktionspläne könnte sich die Schweiz bei der Umsetzung ihrer eigenen Energiewende- und Atomausstiegspolitik weniger auf Frankreichs Stromproduktion verlassen als bisher – weniger als im Fall einer Wahl von Le Pen. Fährt Macron die Atomstromproduktion so drastisch zurück wie angekündigt, fällt weniger Überschuss für den Export an. Von dem geht heute eine grosse Menge in die Schweiz: Sie bezieht seit 2013 rund drei Viertel ihrer Stromimporte aus Frankreich, um die eigene Stromlücke zu füllen.
---
Mehr über den Präsidentschaftskandidaten Emmanuel Macron lesen Sie hier.
Mehr über die Präsidentschaftskandidatin Marine Le Pen lesen Sie hier.