Man kann Donald Trump nicht vorwerfen, er hätte sich keine Zeit für die Journalisten genommen. Satte 83 Minuten redete er vergangene Nacht (Schweizer Zeit) am Rande der Uno-Vollversammlung an einer Pressekonferenz in New York. Es war – mal wieder – ein absurder Auftritt voller fragwürdiger Aussagen und Kuriositäten.
China und das grosse Gehirn
Für ein erstes Stirnrunzeln unter den Anwesenden sorgte der US-Präsident beim Thema Handelsstreit der Vereinigten Staaten mit China. Darauf angesprochen, wie er die Situation einschätze, meinte Trump: «China hat sehr viel Respekt vor Donald Trump und seinem sehr, sehr grossen Gehirn.» Die Chinesen wüssten gar nicht mehr, was sie tun sollen in dieser Angelegenheit. Und das sei zuvor noch nie vorgekommen.
Ansichten im Fall Kavanaugh
Anschuldigungen von Frauen wegen sexueller Belästigung begleiten Trump und diverse seiner engsten Mitarbeiter seit Monaten. Das ist bei Brett Kavanaugh nicht anders. Donald Trump würde den Juristen gerne an den Obersten Gerichtshof der USA berufen. Doch gleich von mehreren Frauen werden Kavanaugh versuchte Vergewaltigung respektive Belästigung vorgeworfen.
Donald Trump bezog an der Pressekonferenz auch dazu Stellung – und schlug sich klar auf die Seite des Beschuldigten. «Auch ich musste mich mit mehreren solchen Vorwürfen herumschlagen, ich bin schliesslich schon lange eine bekannte Persönlichkeit. Viele davon waren frei erfunden, weil diese Frauen ins Rampenlicht wollten.» Diese Erfahrungen würden auch seine Sicht auf den Fall Kavanaugh beeinflussen, erklärte Trump.
Fragen des «Herrn Kurde»
Für noch mehr Befremdung im Saal sorgte Trumps Umgang mit Rahim Rashidi. Der Journalist, der für einen kurdischen TV-Sender Fragen zum Verhältnis der USA zu seinem Volk stellen wollte, wurde vom amerikanischen Präsidenten kurzerhand nur noch als «Herr Kurde» bezeichnet. Immerhin: Wo andere beleidigt gewesen wären, fühlte sich Rashidi eher geschmeichelt von Trumps Bezeichnung. Und in den sozialen Medien macht der Hashtag «#MrKurd» mittlerweile auch die Runde.
Die Lacher bei der Uno
Zwischen diversen Clown-ähnlichen Nachäffungen von Politikern und zumindest fragwürdigen Randbemerkungen kam Donald Trump auch noch auf seine Rede vor der Uno-Versammlung zu sprechen. Der US-Präsident hatte tags zuvor die Zeit am Rednerpult vor allem dafür genutzt, seine eigenen Leistungen zu loben. «In weniger als zwei Jahren hat meine Regierung mehr erreicht als fast jede andere in der Geschichte der USA», verkündete Trump vor den Vertretern der Uno-Mitgliedernationen.
Für das Gelächter, das daraufhin in der Runde ausgebrochen war, hat Trump eine ganz eigene Interpretation: «Die haben nicht über mich gelacht, sondern mit mir. Wir hatten grossen Spass!» Wer etwas anderes behauptet, betreibe «Fake News».
Mit der Marathon-Pressekonferenz ging auch Donald Trumps dreitägiger Besuch bei der Uno in New York zu Ende. Er selber bezeichnete den Aufenthalt als «grossartige Zeit». Zumindest unter den vergangene Nacht anwesenden Journalisten dürften nicht alle diesen Eindruck geteilt haben.