Somalia versinkt im Elend. Über die Hälfte der zwölf Millionen Einwohner sind auf Hilfe angewiesen. Viele Somalier sind krank: Es grassieren Malaria, Tuberkulose und neu noch die Cholera, zudem leidet die Bevölkerung unter der grossen Hungersnot.
In dieser Hölle engagiert sich das Hilfswerk Swisso-Kalmo. Es wurde 1992 von der inzwischen verstorbenen St. Galler Krankenschwester Magda Nur-Frei (†73) gegründet, heute präsidert Bashir Gobdon (47) die Organisation. Der gebürtige Somalier war 1988 in die Schweiz geflüchtet, wo er heute als interkultureller Vermittler tätig ist. Er besitzt den roten Pass und wohnt mit seiner Frau und seinen vier Kindern in Zürich.
Nach zwei Monaten konnte der Kleine nach Hause
Gobdon steht in ständigem Kontakt mit dem Arzt Abdi Hersi (56), der in der südsomalischen Stadt Merka in einer Klinik arbeitet. Hersi kümmert sich um die Ärmsten der Armen. Trotz des vielen Elends gibt es für ihn aber immer wieder Grund zur Freude – dann, wenn er jemandem helfen kann.
Hersi berichtet BLICK von einem Buben, der ihm besonders in Erinnerung bleiben wird. Es ist der fünfjährige Zakaria, den sein Vater Jeylani in die Klinik brachte. Zakaria wog nur noch 16 Kilo, war aufgebläht, apathisch und hustete stark. Hersi: «Zakarias Vater hatte keine Hoffnung mehr, dass sein geschwächter Sohn überleben würde. Niemand glaubte wirklich daran.»
Doch Doktor Hirsi und sein Team päppelten Zakaria wieder auf und gaben ihm die nötige medizinische Behandlung. Nach zwei Monaten konnte der Kleine zu seiner Familie zurückkehren. Die Freude zu Hause war gross, aber ebenso das Leid: Von den sechs Buben und vier Mädchen waren ein Kind verhungert und zwei an Masern gestorben.
Swisso-Kalmo unterstützt 500 Familien
Da der Vater als Maurer nur wenig verdient und seine Kinder kaum ernähren kann, kümmert sich Swisso-Kalmo auch weiterhin um Zakarias Familie. Die Organisation unterstützt 500 Familien mit Nahrungsmitteln und lehrt sie, wie sie diese richtig zubereiten. «Zakarias Vater war völlig hilflos, als er zu uns kam. Nun ist er voller Dankbarkeit», erzählt Hirsi.
Bashir Gobdon ist traurig über die aussichtslose Lage in seinem Land. «Oft laufen die Menschen zwei Tage lang bis zur nächsten Wasserstelle.» Immer mehr ziehen daher vom Land in die Stadt, wo sie sich ein besseres Leben erhoffen.
Die islamistische Terrormiliz Al-Shabaab mache alles noch viel schlimmer. Die Extremisten bedrohten und beraubten die Somalier. Gobdon: «Sie nehmen den Leuten auch die Tiere weg, von denen sie sich ernähren können.» Oft hätten Hilfswerke gar keinen Zugang zu den leidenden Menschen und müssten daher mit den Terroristen Deals eingehen. Aus Angst um ihre eigene Sicherheit hätten daher schon mehrere Hilfsorganisationen dem Land den Rücken gekehrt.
Die dritte Hungersnot innert 26 Jahren
Was sein Herkunftsland als Erstes brauche, sei Sicherheit, sagt Bashir Gobdon. Für gewisse Hoffnung sorge, dass am 8. Februar die ersten freien Präsidentenwahlen seit fast 50 Jahren stattfanden. Gobdon erklärt, wie Besserung einkehren könnte: «Es braucht eine Versöhnungskonferenz, welche die Stämme im Land zusammenbringt. Dann müssten die regionalen Armeen zu einer einzigen Streitkraft zusammenwachsen, damit man den Terror bekämpfen kann.»
Nach 1991 und 2011 erlebt Somalia die dritte Hungersnot innert 26 Jahren. Bashir Gobdon ist verzweifelt: «Wir müssen alles daran setzen, dass meine ursprüngliche Heimat endlich aus dieser Katastrophe herausfindet.»