China baut Erziehungs-Camps
Drill gegen Handy-Sucht

Es gibt bereits 250 Erziehungsanstalten in China mit striktem Handy- und Internetverbot. In Kampfanzügen und mit Sportübungen werden die onlinesüchtigen Jugendlichen diszipliniert.
Publiziert: 07.04.2015 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 04.10.2018 um 23:10 Uhr
Erziehungscamp Qide in Peking: Liegestützen sollen helfen.
Foto: Reuters/Kim Kyung-Hoon
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Von Guido Felder

Die Chinesen machen mit onlinesüchtigen Jugendlichen nicht viel Federlesens: Wer nur noch am Handy oder Computer hängt, kommt kurzerhand in ein Drillcamp mit absolutem Handy- und Internetverbot. Die Erziehungsanstalten boomen, es gibt schon 250 im Land.

Die jungen Süchtigen werden in Kampfanzüge gesteckt, machen Dutzende von Liegestützen und andere Sportübungen bis zur völligen Erschöpfung. Erzieher sind ehemalige Soldaten. Sie tragen Uniformen, brüllen ihre Schützlinge an und sind auch sonst nicht zimperlich.

In drillfreien Stunden müssen die Kids kochen und putzen. Auch Musizieren sowie chinesischer Löwentanz stehen auf dem Programm. Medikamente unterstützen sie im Kampf gegen die Sucht. «Ausbildung und Wohnen im militärischen Umfeld diszipliniert die Jugendlichen», sagt Xing Liming, Angestellter des Erziehungszentrums Qide in Peking. «Es steigert die Schulleistung und bereitet die Kinder auf ein normales Leben vor.» Internetsüchtige seien in schlechter körperlicher Verfassung, müssten geheilt werden.

Ein Programm dauert vier bis acht Monate und endet – laut den Betreibern – in den meisten Fällen erfolgreich.

In der Schweiz betrachtet man die chinesischen Drillcamps mit Skepsis. Monique Portner-Helfer, Mediensprecherin von Sucht Schweiz, sagt zu BLICK: «Jugendliche brauchen die Unterstützung von Erziehenden, keinen Drill.» Ein generelles Internetverbot sei wenig sinnvoll, da viele Angebote im Netz interessant, unterhaltend und lehrreich seien.

In der Schweiz gelten rund 70 000 Internetuser als süchtig. Um einer Abhängigkeit vorzubeugen, empfiehlt Sucht Schweiz den Eltern Vorbild zu sein. Zudem sollen sie keinen Computer ins Kinderzimmer stellen und sich für die Games interessieren, die ihre Kinder spielen. Eltern und Nachwuchs sollen gemeinsam die zeitliche Nutzung festlegen sowie eine Liste mit Aktivitäten erstellen, die dem Kind Spass machen – und die nichts mit modernen Medien zu tun haben.

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