Australier sind empört
Warum war der irre Café-Terrorist auf freiem Fuss?

Noch ist nicht klar, was sich in den letzten Minuten im Lindt Café abspielte und warum zwei Geiseln sterben mussten. Die australische Öffentlichkeit fragt sich aber, weshalb der vorbestrafte und als Extremist bekannte Geiselnehmer überhaupt auf freiem Fuss war.
Publiziert: 16.12.2014 um 22:23 Uhr
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Aktualisiert: 09.09.2018 um 15:40 Uhr
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Scheich Man Haron Monis und seine Partnerin Amirah Droudis.
Foto: Sam Ruttyn/TheAustralian

Nach rund 16 Stunden Belagerung fand das Geiseldrama im Lindt-Café in Sydney gestern ein blutiges Ende – drei Menschen starben, darunter der Geiselnehmer Man Haron Monis.

Die Polizei ist immer noch daran, zu rekonstruieren, was sich in den chaotischen letzten Minuten im Innern des Gebäudes am Martin Place abspielte. Sie verhört die Geiseln und will so Klarheit schaffen.

Sicher ist: Kurz nach zwei Uhr (Ortszeit) überstürzten sich die Ereiginisse. Nachdem sie Schüsse hörten, warfen wie Einsatzkräfte Blendgranaten ins Café und stürmten das Gebäude.

Als sich der Rauch verzogen hatte, lag Monis tot am Boden. Neben ihm überlebten auch zwei seiner Geiseln das Drama nicht: die 38-jährige Rechtsanwältin Katrina Dawson und Café Manager Tori Johnson (34).

Doch warum musste es überhaupt so weit kommen? Hätte die Polizei früher Eingreifen müssen? Das soll nun eine Untersuchung zeigen, die möglicherweise Monate dauern wird. 

Auf keiner Terror-Liste

Die australische Öffentlichkeit stellt sich derweil die Frage, weshalb sich Geiselnehmer Man Haron Monis überhaupt frei bewegen konnte.

Der Mann war wegen zahlreicher Delikte vorbestraft, psychisch labil, hatte eine «lange Vergangenheit» gewalttätiger krimineller Taten und war zudem «vernarrt» in Extremismus, wie die Behörden einräumen mussten.

Trotzdem stand er offenbar nicht unter erhöhter Beobachtung der Sicherheitsdienste: «Soweit ich weiss, stand er auf keiner Terror-Watch-List», sagte der australische Premier Tony Abbott. Warum, kann sich auch Abbott selbst nicht erklären. Diese Frage soll nun im Sicherheitskomitee des Kabinetts erörtert werden.

Abott betonte aber auch, dass dies möglicherweise nichts geändert hätte. «Selbst wenn wir dieses kranke und gestörte Individuum auf eine Terror-Liste gesetzt und 24 Stunden am Tag überwacht hätten, wäre die Tragödie vielleicht nicht zu verhindern gewesen.»

Für Irritationen sorgte auch die Nachricht, dass Monis auf Kaution auf freiem Fuss war, obwohl er in die Tötung seiner Ex-Frau verwickelt sein soll. «Wir alle sind empört, dass sich dieser Kerl auf der Strasse befand», sagte Mike Baird der Premier des Bundesstaates New South Wales (NSW). «Auch ich bin bestürzt».

Wegen neuem Gesetz frei

Gemäss Medienberichten wurde Monis nur sechs Tage nach dem Inkraftreten eines neuen, umstrittenen Kautionsgesetzes freigelassen. Das neue Gesetz erleichtert es straffällig gewordenen Menschen, um einen Gefängnisaufenthalt herumzukommen, wenn sie kein wahrnehmbares Risiko für die Öffentlichkeit darstellen.

Die Regierung von New South Wales hat inzwischen wieder eine Verschärfung des Gesetzes beschlossen. Sie soll aber erst im kommenden Januar zum Tragen kommen.

NSW-Premier Bair sagte nun angesichts der tragischen Ereignisse im Lindt-Café, dass untersucht werde, weshalb Monis durch die Maschen fallen konnte – und er erklärte, dass die Verschärfung des Gesetzes möglicherweise vorgezogen werde.

Für die beiden Opfer des Geiseldramas kommt das zu spät.

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