20 Prozent mehr Migranten
Italien fordert EU zur Aufnahme von Bootsflüchtlingen auf

Seit Jahresbeginn sind in Italien mehr als 83'000 Flüchtlinge angekommen. Das Land ist überfordert und verlangt von seinen EU-Partnern mehr Unterstützung bei der Aufnahme von Ankömmlingen aus dem Mittelmeer.
Publiziert: 02.07.2017 um 23:24 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 08:20 Uhr
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1200 Migranten sind vergangene Woche in Salerno (Italien) angekommen.
Foto: Ivan Romano

Flüchtlingsschiffe sollen künftig auch Häfen in anderen EU-Ländern ansteuern, sagte Italiens Innenminister Marco Minniti vor einem Treffen mit seinen Amtskollegen aus Frankreich und Deutschland am Sonntagabend.

Laut UNO-Angaben sind im letzten halben Jahr mehr als 83'000 Bootsflüchtlinge in Italien eingetroffen. Minniti traf sich deshalb am Sonntagabend in Paris mit den Innenministern Frankreichs und Deutschlands, Gérard Collomb und Thomas de Maizière, um über ein gemeinsames Vorgehen zur Unterstützung Italiens in der Flüchtlingskrise zu beraten. Auch EU-Flüchtlingskommissar Dimitris Avramopoulous nahm an dem Treffen teil.

Europäischer Verhaltenskodex für private Schiffe mit Flüchtlingen

Am Donnerstag soll sich ein informelles EU-Innenministertreffen in der estnischen Hauptstadt Tallinn mit dem Thema beschäftigen. Italienischen Medien zufolge könnte Rom auf einen europäischen Verhaltenskodex für private Schiffe mit Flüchtlingen und Migranten an Bord dringen. Kritiker werfen den im Mittelmeer aktiven Hilfsorganisationen vor, mit ihren Rettungseinsätzen Schlepperaktivitäten zu begünstigen.

Der UNO-Hochkommissar für Flüchtlinge, Filippo Grandi, bezeichnete allerdings die Bemühungen der NGO Menschen zu retten, zusammen mit jenen der italienischen Küstenwache und in Koordination mit der EU-Grenzschutzagentur Frontex, als bemerkenswert.

2016 haben NGO laut Grandi mehr als 46'000 Schiffbrüchige auf der zentralen Mittelmeer-Route gerettet. Das entsprach 26 Prozent aller Rettungsoperationen. In diesem Jahr führten Hilfsorganisationen einen Drittel der Rettungsoperationen aus.

«Was sich in Italien abspielt, ist eine Tragödie»

Vor dem Treffen hatte Minniti gesagt, dass es ein starkes Signal wäre, wenn auch die anderen europäischen Staaten ihre Häfen für Flüchtlinge öffneten. An den Rettungseinsätzen im Mittelmeer seien neben der italienischen Küstenwache auch Schiffe der EU-Militäroperation «Sophia», von Frontex und von Hilfsorganisationen beteiligt.

«Sie fahren unter der Flagge verschiedener europäischer Länder», sagte Minniti. «Wenn die einzigen Häfen, in die Flüchtlinge gebracht werden, italienische Häfen sind, stimmt etwas nicht», fügte der Minister im Gespräch mit der Zeitung «Il Messaggero» hinzu.

Die UNO fordert ebenfalls mehr Unterstützung für Italien: Der aus Italien stammende UNO-Flüchtlingskommissar Grandi sagte am Samstag in Genf, «was sich vor unseren Augen in Italien abspielt, ist eine Tragödie». Allein in der vergangenen Woche seien 12'000 Flüchtlinge an Italiens Küsten angekommen, seit Jahresbeginn seien schon 2300 Menschen auf dem Weg über das Mittelmeer ums Leben gekommen.

Italien kann die Situation nicht bewältigen

Die Rettung und Unterbringung der Flüchtlinge sei ein «Problem von internationaler Bedeutung» und «nicht nur ein Problem Italiens», sagte Grandi.

Italien hatte der EU zuvor damit gedroht, ausländischen Schiffen mit geretteten Flüchtlingen künftig die Einfahrt in seine Häfen zu verbieten. Das Land sieht sich nach eigenen Angaben nicht mehr in der Lage, die Situation zu bewältigen.

Die Organisation SOS Méditerranée, die Bootsflüchtlingen im Mittelmeer zu Hilfe kommt, erklärte, das Ansteuern anderer europäischer Häfen mit Flüchtlingen an Bord sei schwierig. Ein solches Vorgehen sei «vollkommen unmöglich mit mehr als tausend Personen an Bord», sagte Mathilde Auvillain von SOS Méditerranée der Nachrichtenagentur AFP.

Schiffe, die Flüchtlinge retten, müssten sich wenigstens in italienischen Häfen versorgen können. «Oder wir stoppen im Meer, um uns selbst retten zu lassen», warnte Auvillain. (SDA)

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